Würzburg – Steffi W. (†24) starb, als sie ein Kleid für die Hochzeit ihrer besten Freundin kaufen wollte. Christiane H. (†49) gab ihr eigenes Leben, um das ihrer Tochter (11) zu retten. Und Rentnerin Johanna H. (82) lenkte den Somalier von dem Kind ab – und starb an heftigen Hals- und Nackenstichen.
Die lebensfrohe Steffi stammte aus Partenstein (Landkreis Main-Spessart). Hier wollte sie am Sonntag die Hochzeit ihrer besten Freundin als Trauzeugin begleiten. Den Freitagabend nutzte sie zum Shoppen, sah sich im Woolworth nach einem Geschenk um, als es zur schicksalhaften Begegung mit dem Flüchtling kam. Sie soll sich nach den Stichen noch auf die Kaiserstraße gestürzt und auf den Gleisen zusammengebrochen sein. Die Hochzeit am Sonntag wurde abgesagt. In dem 2000-Seelen-Ort ist niemandem mehr zum Feiern zumute.
Christiane H. war Anfang des Jahres aus Brasilien nach Deutschland eingewandert. Sie lebte mit ihrer elfjährigen Tochter zunächst in Speyer, kam im März nach Würzburg. Bald sollte sie eine Stelle als Deutschlehrerin an der Mönchbergschule antreten, die ihre Tochter bereits besuchte. Das verletzte Kind erfuhr am Samstag vom Tod der Mutter. Der Täter hatte noch durch die Frau hindurch auf das unter ihr liegende Kind eingestochen.
Die ältere Dame soll den Angreifer zunächst abgelenkt haben, dann aus dem Kaufhaus gelaufen sein. Dabei soll sie gerufen haben: „Ich will noch nicht sterben.“
Fünf Menschen – darunter die Elfjährige, drei Frauen (39, 52, 73) und ein Jugendlicher (16) – verletzte der Angreifer mit Messerstichen lebensgefährlich. Laut Innenminister Joachim Herrmann war am Montag keines dieser Opfer mehr in Lebensgefahr. Es sei aber zu befürchten, dass bei einigen „lang anhaltende Schäden“ blieben. Leicht verletzt wurden ein 57-Jähriger und eine 26-Jährige.
Regierungssprecher Steffen Seibert verurteilte im Namen von Kanzlerin Merkel (CDU) die „fürchterlichen, niederträchtigen Morde“. Es sei „eine Tat von nicht zu begreifender Brutalität und Bösartigkeit“. Seibert sagte, er sei gewiss, dass es „keine Religion gibt, die eine solche blindwütige hasserfüllte Tat in irgendeiner Weise rechtfertigt“. Die Kanzlerin sei dankbar für den Mut der Menschen auf der Straße. Drei dieser Helden sind Dietrich Winter, Mikhael Ivlev und Elvis Dick. Winter (21) sagt: „Stühle, Flaschen – wir haben alles versucht.“ Den Angreifer habe das nicht abgelenkt.
Der Täter wurde erst im Juni „wegen fehlenden Behandlungsbedarfs“ aus einer Psychiatrie nach einem Tag entlassen. Zuvor hatte der 24-Jährige Verkehrsteilnehmer belästigt und sich auf den Beifahrersitz eines fremden Autos gesetzt. Jetzt sitzt der 2015 eingereiste Somalier, dessen Auffälligkeiten laut Innenminister Joachim Herrmann für eine Abschiebung nicht reichten, in Untersuchungshaft. Wegen dreifachen Mordes, versuchten Mordes, gefährlicher und vorsätzlicher Körperverletzung.
Herrmann sagt, man habe „einiges an Material gefunden, was auf islamistisches Propagandamaterial hindeutet“. Hanjo Schrepfer, Anwalt des Täters, rechnet mit einer neuen psychiatrischen Untersuchung seines Mandanten. Der Verteidiger spricht von einem „Albtraum“ und einer „unfassbaren Tragödie“. Als am Samstag im Würzburger Justizzentrum die Zeugenaussagen verlesen und der Haftbefehl eröffnet wurde, mussten alle im Saal mehrfach schwer schlucken. „Auch der Dolmetscher hat sich schwer- getan, den Haftbefehl zu übersetzen“, sagte Schrepfer. In 18 Jahren als Verteidiger habe er dies nie so emotional erlebt. dpa/epd