Joe Biden und sein Bomben-Konzept

von Redaktion

US-Präsident setzt Luftangriffe in Nahost fort – was steckt hinter den Muskelspielen?

Washington – Das erste Mal nutzte Joe Biden die Macht des US-Militärs vier Wochen nach seiner Amtseinführung, als er die Luftwaffe gegen iranische Milizen in Nahost einsetzte. Jetzt hat er wieder einen Angriffsbefehl gegeben und Einrichtungen ins Visier nehmen lassen, die nahe der irakisch-syrischen Grenzen von mit Teheran verbündeten Milizen genutzt werden.

Auf den ersten Blick wirkt ein solches Vorgehen kontraproduktiv – denn Biden und die Mehrheit der US-Demokraten streben schließlich danach, das Atomabkommen mit dem Iran wiederzubeleben, das einst Barack Obama federführend ausgehandelt und Donald Trump verworfen hatte. Während die mittlerweile siebte Gesprächsrunde zur Neuauflage der Nuklearverträge läuft, fallen Bomben – was den Mullahs überhaupt nicht recht sein kann. Was also ist das Ziel Bidens? Pentagon-Sprecher John Kirby betont, die attackierten Gebäude seien von den Milizen dafür genutzt worden, um Angriffe auf US-Truppen im Irak zu starten. Deshalb sei die Reaktion der USA „notwendig und angemessen“ gewesen. Es habe sich um eine „Nachricht der Abschreckung“ gehandelt, die Kampfflugzeuge des Typs F-15 und F-16 übermittelt hatten. Nach Berichten einer in Großbritannien ansässigen Menschenrechts-Organisation sollen mindestens fünf Kämpfer der Iran-Milizen ums Leben gekommen sein.

Ob der US-Präsident damit das Ziel einer Abschreckung erreicht, erscheint fraglich – denn in den letzten Jahren und nun auch folgten derartigen Aktionen immer neue Angriffe der Milizen. Deshalb hat das Weiße Haus diesmal wohl auch, ohne dies öffentlich zu erwähnen, die minimalste Reaktion gewählt, die die Generäle als Option vorgelegt hatten. Denn dass Biden den militärischen „Fußabdruck“ der Weltmacht im Ausland so klein wie möglich halten will, belegt allein schon sein Befehl für einen vollständigen Truppenabzug aus Afghanistan.

Nach der ersten Attacke im Februar soll Biden Berichten zufolge dem Iran klargemacht haben, dass er keinen breiten Konflikt sucht – aber dass Teheran die im Irak tätigen Milizen unter Kontrolle bringen müsse. Als Präsident steht der Demokrat hier unter Zugzwang, um bei Aktionen gegen US-Streitkräfte nicht das Gesicht zu verlieren. Bidens Sicherheitsberater Jake Sullivan, einer der „Architekten“ des Atomabkommens mit dem Iran, dürfte seinem Chef deshalb diese Strategie empfohlen haben: Auf Provokationen des Iran mit möglichst kleinen Nadelstichen zu reagieren. Denn mit den Atomverträgen steht Biden bei den liberalen Wählern im Wort. Deshalb geht es ihm am Ende – anders als es das Pentagon darstellt – weniger um „Abschreckung“ als um den Versuch, ein bisschen Stärke zu zeigen, aber Teheran gesprächsbereit zu halten. FR. DIEDERICHS

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