Düstere Zahlen aus Afghanistan

von Redaktion

Immer mehr zivile Opfer – Bezirke fallen reihenweise an Taliban

Kabul – Mit Beginn des Abzugs der internationalen Truppen aus Afghanistan hat die Zahl der zivilen Opfer in dem Land ein Rekordniveau erreicht. Allein im Mai und Juni wurden nach einem am Montag veröffentlichten Bericht der Vereinten Nationen 2392 Zivilisten verwundet oder getötet – so viele wie noch nie seit Beginn der UN-Aufzeichnungen 2009. Der Abzug der internationalen Truppen läuft offiziell seit 1. Mai. Die letzten Soldaten der Bundeswehr sind nach fast 20 Jahren Einsatz bereits seit Ende Juni wieder zuhause.

Parallel zu dem Abzug haben die militant-islamistischen Taliban in dem Land mehrere Offensiven begonnen. Seither brachten sie schon mehr als 160 der 400 Bezirke des Landes unter ihre Kontrolle, mehrere Grenzübergänge und Teile wichtiger Überlandstraßen. Die Sicherheitskräfte der Regierung versuchen, verlorene Gebiete zurückzugewinnen. Die Denkfabrik Afghanistan Analysts Network urteilte, der UN-Bericht widerlege jede Vorstellung, dass die Eroberungen unblutig laufen.

Im gesamten ersten Halbjahr lag die Zahl der zivilen Opfer dem Bericht zufolge bei 1659 Getöteten und 3524 Verletzten. Das ist vergleichbar mit den Rekordjahren 2016 bis 2018. Damals verzeichneten die UN in dieser Zeitspanne ebenfalls jeweils mehr als 5000 Opfer. Buben und Mädchen sowie Frauen machten den UN zufolge in der Zeit von Januar bis Juni 2021 fast die Hälfte aller zivilen Opfer aus.

Die Zivilisten kamen vor allem durch Sprengsätze, bei Bodengefechten und durch gezielte Tötung ums Leben. Für 40 Prozent der Opfer seien die Taliban verantwortlich, für 25 Prozent die Kräfte der Regierung. Beide Seiten wehrten sich gegen den UN-Bericht. In einem Statement der Taliban hieß es, man habe Zivilisten keinen absichtlichen Schaden zugefügt.

Ein Großteil der Gefechte im Mai und Juni habe außerhalb von Städten in Gebieten mit vergleichsweise geringer Bevölkerungszahl stattgefunden, heißt es in dem Bericht weiter. Die UN seien zutiefst besorgt, dass sich die Kämpfe in die dicht besiedelten Städte verlegen könnten.

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