Katastrophenschutz soll bei Ländern und Kommunen bleiben

von Redaktion

Seehofer will Bundesbehörde lediglich zu Kompetenzzentrum erweitern – Warnungen per Handy sollen kommen

Berlin – Während in den Flutgebieten im Westen Deutschlands das Aufräumen weitergeht und noch immer Menschen vermisst werden, hat in Berlin die Diskussion um eine bessere Organisation des Katastrophenschutzes begonnen. Die Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Kommunen soll verbessert werden. Für eine neue zentrale Führungsrolle der Bundesbehörden zeichnet sich dagegen keine Mehrheit ab.

Nach Ansicht von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sollte der Bund auf jeden Fall nicht die Verantwortung für den Katastrophenschutz an sich ziehen. Die im Katastrophenfall notwendigen Entscheidungen müssten weiter vor Ort getroffen werden, ein Eingreifen in die Kompetenzen von Ländern und Kommunen wäre hier der falsche Weg, sagte Seehofer am Montag im Bundestag bei einer Sondersitzung des Innenausschusses.

Seehofer will dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) lediglich eine stärkere koordinierende Rolle als „Kompetenzzentrum von Bund und Ländern“ zuweisen. Darauf hätte sich die Innenministerkonferenz bereits vor den Überflutungen im Westen Deutschlands geeinigt.

Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Stephan Thomae sprach sich dafür aus, das BBK zu einer „Zentralstelle im Bevölkerungs- und Katastrophenschutz“ auszubauen. „Ein reines Kompetenzzentrum ist zu wenig“, betonte Thomae. Es müsse geklärt werden, wie die Verantwortung zwischen Bund, Ländern und Kommunen besser verteilt werden könne. Der Bund solle hier als Koordinator fungieren.

Auch die Grünen sprachen sich erneut für eine „Zentralstellenfunktion“ des BBK aus. Dort liege viel Expertise, sagte die Innenpolitikerin Irene Mihalic. Sie werde aber bisher nicht in ausreichendem Maße genutzt.

Die Bewältigung akuter Katastrophenlagen liegt bislang in der Verantwortung der Länder und Kommunen. Der Bund ist für den Schutz der Bevölkerung im Verteidigungsfall zuständig. Einige Experten halten die Aufteilung für überholt.

Noch ungeklärt ist, weshalb die betroffenen Länder und Kommunen vor der Katastrophe nicht ausreichend gewarnt hatten. In einem mehrere Stunden vor der Katastrophe erstellten Bericht des Gemeinsamen Melde- und Lagezentrums von Bund und Ländern hieß es: „Im morgigen Tagesverlauf ist ein Anstieg des Wasserstands bis in den Bereich von 900 cm nicht ausgeschlossen, jedoch aufgrund der unsicheren Niederschlagsvorhersage noch schwer abzuschätzen.“ Niemand habe an dem Tag in der Lagezentrale des BBK nachgefragt, um vorsorglich etwa Hubschrauber oder Anlagen zur Trinkwassernotversorgung anzufragen, sagte BBK-Präsident Armin Schuster. „Ab Mitternacht kamen die Hilfeleistungsersuchen.“

Seehofer setzt zukünftig auch auf Warnungen der Bevölkerung per Cell Broadcasting. Dabei wird eine Nachricht an alle Handy-Nutzer verschickt, die sich zum Warnzeitpunkt in der betreffenden Funkzelle aufhalten. Dagegen gabe es bislang wohl Widerstand in der Bundesregierung. Von der Idee seien „nicht immer alle begeistert gewesen in den letzten Monaten“, sagte Seehofer. „Aber ich habe entschieden, dass wir es tun und machen, da gibt es überhaupt kein vernünftiges Argument dagegen. Die Telekom und Vodafone hatten sich offen dafür gezeigt, das notwendige System aufzubauen.  dpa

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