China baut hunderte Silos für Atomraketen

von Redaktion

US-Experten warnen vor neuem Wettrüsten – die Absichten Pekings bleiben im Dunkeln

Peking – China hat eine möglicherweise deutliche Ausweitung seiner Atomstreitmacht begonnen. Mit Hilfe von Satellitenaufnahmen entdeckten Experten der Vereinigung amerikanischer Wissenschaftler (FAS) nahe Hami in der Nordwestregion Xinjiang ein großes neues Areal mit im Bau befindlichen Silos für Atomraketen. Die Enthüllungen wecken Sorgen über ein neues atomares Wettrüsten und schüren Misstrauen über Chinas Intentionen.

Erst im Juni war ein ähnliches Gelände mit Raketensilos im Bauzustand bei Yumen in der Provinz Gansu ausfindig gemacht worden. „Der Bau der Silos in Yumen und Hami stellt die bisher bedeutendste Expansion des chinesischen Atomwaffenarsenals dar“, warnen die Atomexperten in ihrem neuen Bericht.

Demnach könnten insgesamt mehr als 200 neue Raketensilos entstehen, schätzen die Experten. Das wäre mehr als Russland und halb so viel wie die USA für ihre Interkontinentalraketen in Betrieb hätten. Doch ist unklar, ob alle mit Raketen bestückt werden oder wie viele nur der Täuschung dienen sollen, um Angriffe in die Irre zu führen.

China besitzt nach FAS-Schätzung rund 350 Atomsprengköpfe. Vor einem Jahr sprach das Pentagon hingegen von einer Zahl „im unteren 200er Bereich“, erwartete da aber auch schon eine Verdoppelung in den nächsten zehn Jahren. Chinas Arsenal ist damit aber deutlich kleiner als das der USA oder Russlands, die jeweils 4000 Atomsprengköpfe besitzen.

Hinter dem Ausbau könnten verschiedene Motive des Staats- und Parteichefs Xi Jinping stecken, der auch Vorsitzender der Militärkommission und damit Oberbefehlshaber ist. So könnte es laut Experten etwa eine Reaktion auf die Modernisierung der Atomstreitkräfte der USA, Russlands und Indiens sein.

Auch könnte sich China sorgen, dass seine bisherigen Silos leicht angreifbar sind. Sie lägen in Reichweite konventioneller US-Marschflugkörper, während Yumen und Hami weiter im Landesinneren seien, hoben die Experten hervor. Indem die Zahl der Silos massiv erhöht werde, verbessere sich die Fähigkeit, mit verbliebenen Raketen zurückschlagen zu können.

Bisher betreibt China nur ein kleines Atomwaffenarsenal, das für eine „minimale Abschreckung“ ausreichen soll. Peking könnte aber zu dem Schluss gekommen sein, das Bedrohungspotenzial ausweiten zu müssen. Hinzu kommt, dass Xi Jinping ein Militär „von Weltklasse“ anstrebt. Der Silobau könnte das untermauern.

Die Arbeiten an dem Gelände in Hami hätten im März begonnen und seien noch nicht so weit vorangeschritten, berichteten die Experten. Traglufthallen überdecken wie auch in Yumen den Blick auf vorerst 14 Baustellen, wie auf den Fotos zu sehen ist.

Anhand der Vorbereitungsarbeiten in Hami schätzen die Wissenschaftler, dass ein Raster von 110 Silos geplant ist. Das erste Feld in Yumen wird auf 120 Silos geschätzt. Bisher stützt sich Chinas Atomstreitmacht auf rund 20 Raketensilos und ist mit rund 100 Interkontinentalraketen auf fahrbaren Abschussrampen mobil. Einige wenige Atomraketen können von U-Booten oder strategischen Bombern aus gestartet werden.  dpa

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