GEORG ANASTASIADIS
In den Beziehungen zum kommunistischen Regime in Peking hat sich die Bundesregierung lange an das Prinzip „Wandel durch Handel“ geklammert – den Glauben, dass mit der Einbindung des Riesenreiches in die internationalen Wirtschaftsbeziehungen auch eine Zivilisierung der chinesischen Umgangsformen einhergehe. Nichts hätte falscher sein können: Chinas ökonomischer Aufstieg – und die ihn begleitende westliche Bewunderung – entfesselten vielmehr ein Dominanzstreben, das an die dunklen Zeiten des alten westlichen Imperialismus erinnert. Immer unverhohlener droht China dem abtrünnigen Taiwan mit der gewaltsamen Eingliederung, immer ungenierter geht es in Hongkong gegen Regimegegner vor, immer auftrumpfender begegnet es den westlichen Staaten, zuletzt am Montag beim Treffen der stellvertretenden Außenminister Chinas und der USA.
Inzwischen fühlt sich Präsident Xi stark genug, auch gegen die Kapitalmärkte vorzugehen, auf deren Wohlwollen die roten Mandarine lange großen Wert legten. Das faktische Verbot kommerzieller Schüler-Nachhilfe hat in dieser Woche zu einem Crash der Aktien großer chinesischer Konzerne geführt, die sich auch in den Portfolios vieler internationaler Anleger befinden. Die Kursstürze populärer Börsengiganten wie Alibaba oder Tencent haben hunderte Milliarden Börsenwerte vernichtet und sollten Aktionären eine dringende Warnung sein: Wer sich mit dem chinesischen Drachen einlässt, lebt gefährlich. Wichtiger als der Schutz des Eigentums ist Peking stets der Vorrang der kommunistischen Ideologie und der Partei.
Für den Westen und seine Bürger ist das der nächste Schock, aber er ist hoffentlich heilsam: Egal, ob Regierung, Unternehmen oder private Anleger – für Illusionen hinsichtlich China und seiner Absichten gibt es keinen Raum mehr.
Georg.Anastasiadis@ovb.net