Tunesien: Machtkampf spitzt sich zu

von Redaktion

Präsident entlässt TV-Chef und sagt Korruption den Kampf an

Tunis – In Tunesien spitzt sich der Machtkampf zwischen Präsident Kais Saied und seinen politischen Gegnern zu: Wenige Tage nach der Entmachtung der Regierung tauschte Saied die Spitzen weiterer staatlicher Institutionen aus, am Mittwoch entließ er den Chef des staatlichen Fernsehsenders Wataniya. Zugleich kündigte der Staatschef eine Anti-Korruptions-Offensive an, die sich gegen 460 Geschäftsleute richtet.

Die Absetzung von Wataniya-Chef Laassad Dhahech erfolgte, nachdem Aktivisten und Vertretern von Journalistenverbänden der Zugang zu dem Sender verwehrt worden war. Die tunesische Präsidentschaft warf Dhahech daraufhin vor, mit dieser Entscheidung Unruhe stiften zu wollen.

Saied hatte am Sonntag den Ministerpräsidenten Hichem Mechichi abgesetzt, die Aussetzung der Arbeit des Parlaments angeordnet und erklärt, er werde die Regierungsgeschäfte gemeinsam mit einem noch zu ernennenden Ministerpräsidenten übernehmen. Der Präsident ordnete darüber hinaus die Aufhebung der Immunität aller Abgeordneten an.

Während Saied betonte, sein Handeln stehe im Einklang mit der Verfassung, warf ihm die islamistisch geprägte Regierungspartei Ennahdha einen „Putsch“ vor.

Seit Sonntag setzte Saied zahlreiche weitere Regierungsberater und Regierungsbeauftragte ab, darunter den Staatsanwalt der Armee sowie die Minister für Verteidigung und Justiz. Zuvor übernahm der frühere Juraprofessor die richterliche Gewalt.

Verschärft wurden die Spannungen, als Tunesiens Staatsanwaltschaft am Mittwoch erklärte, sie habe wegen des Verdachts der illegalen Parteienfinanzierung Ermittlungen gegen die Ennahdha-Partei sowie die liberale Partei Qalb Tounes und die Aich-Tounsi-Bewegung aufgenommen. International löste die Krise Sorge um die Demokratie in Tunesien aus.

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