Synodaler Weg eine „Täuschung“

von Redaktion

Bonner Kirchenrechtler Lüdecke: Kirchliche Hierarchie ist zu wirklichen Reformen nicht bereit

Frankfurt/Bonn – Der Bonner Kirchenrechtler Norbert Lüdecke sieht den Reformdialog Synodaler Weg der katholischen Kirche in Deutschland als „Täuschung“ an. „Es geht von Seiten der Bischöfe darum, Kritik-Hochdruck durch Gesprächsarrangements abzuleiten, indem sich Laien irgendwie beteiligt fühlen sollen, ohne entscheiden zu können“, sagte Lüdecke in einem Interview mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Frankfurt.

Verbindliche Beschlüsse werde es nicht geben. „Die Laien dürfen abstimmen, aber was ihnen als Beschlussfassung suggeriert wird, ist in Wahrheit eine unverbindliche Meinungsäußerung, ein Stimmrechts-Placebo“, so Lüdecke. Es gebe bei ihm ein „verständnisloses Staunen“ darüber, dass die Laien da mitmachten. Am Ende herauskommen könnten nur Bitten an die Bischöfe oder Bitten der Bischöfe an den Papst. Die Bischöfe blieben den Beratungsergebnissen gegenüber „völlig frei“. Sie erklärten ja offen, dass Laien beim Synodalen Weg mitreden, aber keinesfalls entscheiden dürfen. Sie dürften es nicht, „weil sie einem Stand in der Kirche angehören, der nach kirchenamtlichem Selbstverständnis dazu weder berufen noch fähig ist“. Auf die Frage, warum Katholiken dennoch mitmachten, sagte Lüdecke: „Aus Fehlsichtigkeit.“ Viele hielten die Kirche für eine Diskursgemeinschaft, bei der sich die Hierarchie auf Dauer einer überzeugenden Argumentation nicht entziehen könne. „Tatsächlich ist es aber illusorisch, mit Deutungsmonopolisten ertragreich diskutieren zu wollen“, sagte der 62-jährige Lehrstuhlinhaber für Kirchenrecht an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Bonn. Er frage sich, warum Laien kostbare Lebenszeit beim Synodalen Weg verbrächten. Der gefühlte Reformdruck sei etwa nach der „Pillenenzyklika“ von Papst Paul VI. 1968 vergleichbar hoch wie heute gewesen, wirkliche Veränderungen habe es aber nicht gegeben. „Mich erstaunt, dass immer neue Kohorten idealisierter Katholiken auf grundlegende Reformen hoffen, sich aber keine Rechenschaft darüber ablegen, dass ihre Vorgänger damit regelmäßig gescheitert sind“, sagte Lüdecke, der gerade ein Buch veröffentlicht hat mit dem Titel „Die Täuschung. Haben Katholiken die Kirche, die sie verdienen?“.

Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Thomas Sternberg, weist die Kritik zurück. „Mit solchen steilen Wörtern wie Täuschung oder Selbsttäuschung werde ich umso vorsichtiger, je mehr sich die gesamte öffentliche Debatte auf solche Skandalisierungen reduziert.“ Nach Kirchenrecht ließen Synoden eine wirkliche Entscheidungsbeteiligung von Laien nicht zu. Aber in der praktischen Arbeit für Reformen in der Kirche könne man sich nicht nur auf Rechtsfragen stützen.  kna/cm

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