Unsere Asylbürokratie hat seit 2015 eine schwere Schlagseite entwickelt und bis heute nicht ganz überwunden. Zu oft werden die Falschen abgeschoben, mitten aus der erfolgreichen Integration gerissen; wer unser Asylrecht hingegen missbraucht, hält sich lang im Land. Die Afghanistan-Entscheidung des Bundesinnenministers passt dazu. Seehofer stoppt alle Abschiebungen. Das mag folgerichtig klingen angesichts der düsteren Sicherheitslage, und sehr human. Doch einem Fakt sollte man bitte ins Gesicht sehen: Es geht um wenige Rückführungen, gut 1000 seit 2016, und fast nur um schwere Gewalttäter.
Ja, Deutschland rettet Bundeswehr-Ortskräfte vor den Taliban aus dem Land – gut so! Ja, hierzulande haben über eine Viertelmillion Afghanen Sicherheit gefunden. Aber: Der sehr kleine Teil von ihnen, der massiv und wiederholt Straftaten begeht, der unser Rechtssystem mit Füßen tritt, hat seinen Schutzanspruch verwirkt. Deutschland kann und sollte schwere Straftäter – und nur die – weiterhin abschieben. Seehofer hätte nicht einknicken müssen, er hätte besser diese Differenzierung erklärt, die in rotgrünen Debattenbeiträgen so gern vergessen wird.
Mag sein, dass der nächste Minister ebenso entschieden hätte. Doch die Signalwirkung des Abschiebestopps ist bitter, das nagt an der gesellschaftlichen Akzeptanz unseres Asylrechts. Nebenbei ist das auch eine außenpolitische Bankrotterklärung: Nach 20 Jahren Einsatz hinterlässt der Westen ein Afghanistan, in das er nicht mal mehr schwerste Straftäter zurückzuschicken wagt.
Christian.Deutschlaender@ovb.net