Der Tod Kurt Biedenkopfs erinnert die Älteren gerade vor dem Hintergrund des aktuellen lahmen Bundestagswahlkampfes daran, wie sehr sich die Zeiten geändert haben. Die meisten Bundesbürger – vor allem im Osten – werden „König Kurt“ als lange erfolgreichen Landesvater Sachsens in Erinnerung behalten und sein zuletzt an absolutistische Monarchen erinnerndes Amtsverständnis gnädig dem Vergessen anheimgeben.
Doch vielen Menschen im Westen ist der Professor noch als Stratege und Generalsekretär in Erinnerung. In den 70er-Jahren führte er an der Seite Helmut Kohls (bis zum Zerwürfnis) nicht nur die träge Honoratiorenpartei CDU in die Moderne, sondern auch leidenschaftliche inhaltliche Debatten mit dem politischen Gegner, vor allem der SPD. Im Vergleich zur Leisetreterei der meisten heutigen Politiker – nicht nur des unglückseligen Armin Laschet – tobte damals die Schlacht zwischen Verfechtern der freien Marktwirtschaft und Bannerträgern des Fürsorgestaates. An vorderster Front: die Generalsekretäre. Kantige Köpfe wie Biedenkopf, Bahr, Börner oder Geißler gerierten sich damals eher wie Feldherrn denn Sekretäre. Sie polarisierten und machten so den Unterschied deutlich. Bei nur zwei TV-Kanälen war ihnen die Aufmerksamkeit der Wähler sicher. In der unübersichtlichen Polit-Landschaft von heute werden Generalsekretäre von Parteimanagement, Digitalisierung und der Bespielung vieler Medien absorbiert. Ein bisschen mehr Zeit für öffentlichkeitswirksame strategische Feldzüge wie bei den Altvorderen würde man ihnen – und uns – wünschen.
Alexander.Weber@ovb.net