Nichts kann US-Präsident Joe Biden nach dem Afghanistan-Debakel weniger brauchen als neue Negativ-Schlagzeilen. Nun, mit Blick auf den 20. Jahrestag der Anschläge vom 11. September, hat er proaktiv gehandelt. Nachdem Opfer-Angehörige klargemacht hatten, dass Biden bei den Gedenkfeiern nicht willkommen sei, solange er nicht von der Regierung unter Verschluss gehaltene FBI-Geheimdokumente zur Veröffentlichung freigebe, trat das Weiße Haus die Flucht nach vorn an. Das Justizministerium will eine Deklassifizierung „prüfen“.
Biden hat mit diesem Schachzug Zeit gewonnen. Ob am Ende tatsächlich eine ehrliche Aufarbeitung der Hintergründe der Attacken stattfindet, steht auf einem anderen Blatt. Als größter Aufklärungsverhinderer muss man die konfliktscheuen Diplomaten im US-Außenministerium ansehen, die auch zu undemokratischen Staaten oft gute Beziehungen pflegen. Sie setzten deshalb unter den Ex-Präsidenten Bush, Obama und Trump durch, dass die Rolle saudi-arabischer Interessenvertreter bei der Planung der Anschläge nicht so durchleuchtet wurde, wie sie es verdient. Zudem war das FBI offenbar bei der Überprüfung mehrerer Personen aus Katar nachlässig. Viel spricht dafür, dass hier die hohe Politik intervenierte.
Doch nach 20 Jahren verdienen die Hinterbliebenen der fast 3000 Opfer – elf aus Deutschland – die Wahrheit.
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