Jamaika? Ampel? Deutschland-Koalition? Nach der Wahl könnte die FDP ein entscheidendes Wörtchen mitreden. Ein Gespräch mit Parteivize Johannes Vogel, der im Bundestag sitzt und FDP-Generalsekretär in NRW ist.
Herr Vogel, Sie kennen Armin Laschet aus der Nähe. Ist er ein starker Kandidat oder ein Schluffi?
Er ist in NRW ein verlässlicher Partner und hat als Führungspersönlichkeit der CDU mit uns ein gutes Bündnis geschmiedet. Projekte wie die Talentschulen für Chancengerechtigkeit, Antibürokratiepakete für Wachstum oder das Digitalministerium kommen allerdings von der FDP. NRW zeigt also auch, welche Partei für den Antrieb sorgt.
Würden Sie auch in Berlin gern mit Laschet regieren?
Es gibt in Deutschland dringenden Modernisierungsbedarf: Und zur Modernisierung muss man auch die Union eher zwingen. Aber dass die Programme bei zentralen bundespolitischen Fragen eine Nähe haben, ist klar. Bei unserem Parteitag am Wochenende werden wir unsere Prioritäten benennen, damit die Bürgerinnen und Bürger unseren Maßstab für Koalitionsgespräche kennen.
Es gab mal die Überlegung in der FDP, eine Ampel mit SPD und Grünen auszuschließen. Markus Söder hat das auch gefordert…
Nicht überraschend von der politischen Ich-AG Markus Söder. Was mich überrascht: Offenbar hat er Angst, die Union könne uns kein besseres Angebot machen als SPD und Grüne. Wir sind eine eigenständige Partei und deswegen gehen wir nicht mit einer Koalitionsaussage für eine andere Partei, sondern mit einer inhaltlichen Koalitionsaussage in die Wahl. Dass wir nicht für Dienstwagen in eine Regierung gehen, sondern nur wenn die Richtung stimmt, haben wir bewiesen.
Inhaltlich gibt es extrem große Unterschiede zu Rot-Grün.
Da haben Sie recht. Die Sozialpolitik etwa dürfen wir nicht SPD und Grünen überlassen.
Wobei: Die SPD verspricht stabile Renten ohne höhere Beiträge und ohne höheres Eintrittsalter. Klingt doch super!
Das klappt nur in der SPD-Logik. Es ist bestürzend: Die Union will bei der Rente nichts – und Olaf Scholz will das Falsche, weil er überhaupt nicht erklären kann, wie er seine Versprechen halten will. Als der Wissenschaftliche Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums kürzlich auf das hohe Finanzierungsdefizit hinwies, auf das die Rentenversicherung zuläuft, ließ Scholz verlauten, die Experten hätten sich verrechnet und er freue sich auf die Debatte mit „echten Experten“. Das war waschechte Wissenschaftsfeindlichkeit.
Sie wollen die Rente teils durch Aktien finanzieren. Wie soll das gehen?
Das Vorbild ist Schweden, das die gesetzliche Rente in den 90er-Jahren auf zwei Standbeine gestellt hat: Die umlagefinanzierte Rente bleibt prägend, daneben gibt es aber ein kapitalgedecktes Standbein, in dem weltweit angelegt wird. In unserem Modell würden dann von den aktuell 18,6 Prozent Rentenbeitrag künftig zwei Prozent in Aktien angelegt – von Profis, die im Auftrag des Staates einen sicheren Vermögensaufbau organisieren – gerade für Geringverdiener. Zusammen mit einer gesteuerten Einwanderungspolitik gelänge es bis 2060, Renten und Staatsfinanzen zu stabilisieren – und das Rentenniveau steigt langfristig.
Aber wer sagt denn, dass das Aktienstandbein sicher ist?
Die Schweden haben Erfolg damit, die Verbraucherzentralen finden es gut und die Empirie spricht dafür. Es stimmt, Aktien schwanken kurzfristig. Langfristig liegt das Risiko aber bei null, und die Renditen sind hoch. Deswegen ist es gerade für die Altersvorsorge geeignet. In unserem Modell würde außerdem kurz vor Renteneintritt umgeschichtet. Wenn die Kurse runtergehen, sind Ältere nicht mehr betroffen.
Interview: mmä, mik, cd