Kritik an Papst-Entscheidung

Die Kirche hat (fast) nichts gelernt

von Redaktion

CLAUDIA MÖLLERS

Als Papst Franziskus am 10. Juni das Rücktrittsgesuch des Münchner Kardinals Reinhard Marx abgelehnt hatte, wurde das als Aufruf zu Reformen verstanden. Schließlich hatte Marx sein Gesuch damit begründet, dass er ein Zeichen im Missbrauchsskandal der katholischen Kirche setzen und Verantwortung übernehmen wolle. Dass Franziskus nun auch das Rücktrittsgesuch des Hamburger Erzbischofs Stefan Heße abgelehnt hat, lässt alle, die auf eine Erneuerung der katholischen Kirche gehofft haben, nun verstört zurück.

Heße waren aus seiner Zeit als Generalvikar und Personalchef im Erzbistum Köln fast ein Dutzend schwerer Fehler im Umgang mit Missbrauchsfällen nachgewiesen worden. Er hatte sich unter dem Druck eines Gutachtens zu seinem Fehlverhalten bekannt, Verantwortung übernommen und dem Papst seinen Rücktritt angeboten.

Die Entscheidung des Papstes, ihm nun quasi eine zweite Chance zu geben, muss sich für die Missbrauchsopfer, denen Heße keinen Glauben schenkte, wie ein Schlag ins Gesicht anfühlen. Franziskus sendet das fatale Zeichen aus, dass die Amtsbrüder wichtiger sind als die Menschen an der Peripherie. Nur diejenigen Priester oder Bischöfe, denen persönlich Missbrauch nachgewiesen wird, verlieren ihr Amt. Nicht aber diejenigen, die die Taten nicht verfolgt haben, um die Institution zu schützen. Seit dem Aufdecken des Missbrauchsskandals 2010 hat die katholische Kirche nur wenig gelernt.

Claudia.Moellers@ovb.net

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