Wahl in Kanada

Trudeau – ein Premier auf Bewährung

von Redaktion

JÖRG MICHEL

Justin Trudeau hat sich mit Ach und Krach noch einmal über die Ziellinie gerettet. Anders als von vielen vorhergesagt, konnte der kanadische Premierminister bei den vorgezogenen Parlamentswahlen das Ruder auf den letzten Metern noch einmal herumreißen und sich trotz schlechter Umfragewerte eine dritte Amtszeit sichern.

Sein eigentliches Ziel hat er aber verfehlt. Trudeau hatte hoch gepokert und zwei Jahre vor Ablauf der Legislaturperiode Wahlen ausgerufen, um sich eine absolute Mehrheit zu sichern. Das hat er nicht geschafft. Dass er für seine Taktiererei nicht härter abgestraft oder gar abgewählt wurde, hat er weniger sich selbst zu verdanken als der Schwäche der Opposition. Die Konservativen unter Parteichef Erin O’Toole holten zwar die meisten Stimmen, konnten sich in den urbanen Zentren des Landes jedoch nicht durchsetzen. Die Grünen fielen trotz der klimabedingten Waldbrände im Westen des Landes auf den Status einer Splitterpartei zurück. Die Botschaft der Wähler: Sie waren verärgert über den Machtpoker Trudeaus, am Ende jedoch nicht bereit, ihren Regierungschef mitten in der Pandemie auszuwechseln. Also haben sie über seine Skandale, charakterlichen Schwächen und Glaubwürdigkeitsprobleme hinweggesehen und ihn aufgefordert, den Job zu Ende zu bringen. Es ist ein Job auf Bewährung, denn Trudeau ist spätestens jetzt politisch angezählt.

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