Berlin – Es ist eine Schicksalswahl für Armin Laschet und die CDU. Liegt der CDU-Chef und Kanzlerkandidat mit der Union bei der Bundestagswahl tatsächlich so weit hinter der SPD, wie sich in Umfragen abzeichnet, könnte das Ende seiner langen politischen Karriere schon am Sonntagabend besiegelt sein. Doch der oft unterschätzte NRW-Ministerpräsident setzt darauf, dass die Union am Ende doch noch vor den Sozialdemokraten ins Ziel kommt. Gelingt ihm das oder kann er zumindest ganz nah zur SPD aufschließen, dürfte er zumindest Zeit gewonnen haben, heißt es in der Union. Das Zauberwort für diesen Fall heißt: Machtoption.
Für Laschet geht es um alles oder nichts: Dass er sich als CDU-Chef halten kann, wenn er das Projekt Machterhalt vergeigt, glauben etliche in der Unionsspitze nicht. Sollte bereits am Sonntag klar sein, dass die Union in der Opposition landet, „werden schon am Abend die Messer ausgepackt“, erwartet ein erfahrener CDU-Mann. Soll heißen: Dann könne Laschet womöglich sehr rasch gedrängt werden, einen Rücktritt anzukündigen.
Verliert er krachend, wäre sein Ruf als oft unterschätzter Kämpfer dahin. Was nach einem Abschied von der Macht in der CDU folgen dürfte, bezeichnen manche in der Union als Eruption, andere als Implosion der bisherigen Parteiführung. Nach einem Rücktritt als CDU-Chef wäre für Laschet wohl auch der Rückweg als Regierungschef nach NRW verschlossen, wo im Mai 2022 ein neuer Landtag gewählt wird, glauben etliche in der Partei. Der 60-Jährige hat oft genug erklärt, sein Platz sei künftig in Berlin.
Wer dann der neue starke Mann an der CDU-Spitze sein würde, gilt als offen. Nicht ausgeschlossen, dass der im Ringen um den Parteivorsitz bereits zweimal gescheiterte Friedrich Merz einen neuen Anlauf nehmen würde. Hinter vorgehaltener Hand heißt es aber auch, müsse die CDU in die Opposition, sei ein Generationenwechsel unausweichlich. Dann werden etwa Jens Spahn und Norbert Röttgen genannt.
Einen Machtkampf erwarten manche in der CDU auch um den Fraktionsvorsitz – möglicherweise schon in der konstituierenden Sitzung am Dienstag. In der Opposition wäre dieses Amt eines der wichtigsten, das die Union zu besetzen hat. Der amtierende Fraktionschef Ralph Brinkhaus hat bereits erklärt, er wolle gerne weitermachen. Aber auch Spahn wird zugetraut, dass er nach dem Fraktionsvorsitz greift.
Doch soweit ist es noch nicht. Zuletzt sind die Unions-Werte wieder leicht gestiegen. „Wir befinden uns in einer Aufholjagd, und das Rennen ist offen wie nie zuvor“, gibt sich Laschet betont zuversichtlich.
Landet er nur sehr knapp hinter der SPD – ein, zwei Punkte –, wird Olaf Scholz mit den Sondierungen für eine Regierung unter seiner Führung beginnen, mit Grünen und FDP über ein Ampel-Bündnis sprechen, und auch mit den Linken reden, erwarten sie in der Union. Gut möglich sei aber, dass auch Laschet im Fall eines Wimpernschlag-Ergebnisses mit Gesprächen beginne. Schon am Wahlabend könnte es ein Telefonat mit FDP-Chef Christian Lindner geben.
Sollte Scholz mit seinen Gesprächen scheitern, könne die Stunde Laschets doch noch kommen, hoffen manche in der CDU. Seine Machtoption dürfte dann in einem Jamaika-Bündnis mit Grünen und FDP liegen. Gut möglich, dass Laschet in diesem Fall zum Fraktionsvorsitz greift, um sich ein starkes Mandat für die Verhandlungen zu sichern.
Sollte die Union sogar vor der SPD landen, wäre Laschet mit unter 30 Prozent immer noch für das historisch schlechteste Unionsresultat bei einer Bundestagswahl verantwortlich. Hat er aber eine Machtoption, dürften die zahlreichen internen Kritiker zunächst stillhalten. In der Union hat Laschet einen Ruf als erfahrener Verhandler, der in NRW gezeigt hat, dass er mit der FDP als Juniorpartner auch per Ein-Stimmen-Mehrheit im Landtag regieren kann.