Schwerin – Nur noch wenige Tage bis zur Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern, und die SPD von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig sieht wie der sichere Sieger aus. 39 bis 40 Prozent verheißen Umfragen den Sozialdemokraten im Nordosten. Damit liegen sie weit vor der Konkurrenz samt dem Koalitionspartner CDU, der angetreten war, die mehr als zwei Jahrzehnte währende Vorherrschaft der SPD zu brechen. Die lag noch im Mai mit mäßigen 23 Prozent nur knapp vor der CDU, und die Beliebtheit der Regierungschefin war infolge ihres harten Corona-Kurses mit Einreiseverbot und Schulschließungen arg geschrumpft. Vorbei und vergessen.
Nach Einschätzung des Rostocker Politikwissenschaftlers Wolfgang Muno trägt die Strategie der SPD, den Wahlkampf ganz auf Schwesig zuzuschneiden, Früchte. Als „Die Frau für MV“ wird sie auf großformatigen Wahlplakaten präsentiert. Der Amtsbonus von Regierungschefs wiege schwer, und Schwesig habe in der Corona-Pandemie mit entschlossenem Handeln ihren Führungsanspruch deutlich unter Beweis gestellt. „Gerade in Krisenzeiten erwarten die Bürger Führung, wollen Stabilität und Kontinuität“, sagt Muno. Auch als sich Widerstand regte, habe die 47-Jährige Kurs gehalten.
Einen klaren Kurs hat die Nordost-CDU unter ihrem neuen Landesvorsitzenden Michael Sack noch nicht gefunden. Der 48-jährige Landrat aus Vorpommern-Greifswald tourt emsig durchs Land, erreicht aber längst nicht die große mediale Präsenz seiner Rivalin. Das Ergebnis ist ernüchternd für den ewigen Juniorpartner. In den Umfragen stürzte die Union im Land binnen weniger Monate auf Werte zwischen 12 und 15 Prozent ab.
Wie im Bund schlägt dabei wohl auch in Mecklenburg-Vorpommern der Abschied von Angela Merkel, die dem CDU-Landesverband angehört, negativ zu Buche. Merkel selbst besuchte in den Tagen vor der Wahl an der Seite der Kandidaten häufiger den Nordosten. An den Umfragewerten änderte das nichts.
Selbst das mit Spannung erwartete direkte Aufeinandertreffen der beiden Spitzenkandidaten im TV-Duell brachte keine Trendwende. Michael Sack habe die Chance vertan, sich als wirkliche Alternative zu präsentieren, urteilt der Politologe Muno. „Er hat durch sein Auftreten als bodenständiger und authentischer Politiker zwar ein paar Punkte gemacht, inhaltlich aber keine besonderen Akzente setzen können.“
Sacks Resümee zum Schluss der Debatte spricht für sich: „In den letzten Wochen ist mir die Frage oft begegnet: Michael Sack ist doch zu nett, der ist zu unbekannt. Warum darf ein Politiker nicht auch nett sein?“ Attacke hört sich anders an. Seinen vor einem Jahr noch vollmundig formulierten Anspruch, Ministerpräsident werden zu wollen, hört man von Sack schon lange nicht mehr. Stattdessen warnt er vor „rot-rot-grünen Experimenten“ und dient sich durch die Blume Schwesig schon mal als verlässlicher Juniorpartner an. Eine Rolle, die seine CDU seit 15 Jahren kennt.
Angesichts der aktuellen Umfragewerte läuft die CDU Gefahr, wie schon bei der Landtagswahl 2016 hinter der AfD, die zuletzt bei 15 bis 17 Prozent lag, erneut nur dritte Kraft zu werden. Dahinter rangiert die Linke (10 bis 11 Prozent). Die Grünen hegen mit Umfragewerten zwischen 6 und 7 Prozent Hoffnung, nach fünf Jahren Unterbrechung wieder in den Landtag einzuziehen. Für die FDP wird die ebenfalls angestrebte Rückkehr bei Werten zwischen 7 und 5,5 Prozent zunehmend zur Zitterpartie.
Werden die Werte bei der Wahl bestätigt, könnte Schwesig – anders als ihre Amtskollegen in den anderen Ost-Ländern – in einem Zweier-Bündnis weiterregieren. So wäre eine Fortsetzung der Koalition mit der CDU möglich und wohl auch die Neuauflage eines rot-roten Bündnisses mit der Linken, das von 1998 bis 2006 bestand. Mit beiden Parteien, erinnerte sie immer wieder, habe die SPD schon gut zusammen regiert.