Erstaunlich: 56,4 Prozent der Berliner Wähler stimmten für die Enteignung großer Wohnungskonzerne. Und der Kurs des größten betroffenen Unternehmens Vonovia macht spontan einen deutlichen Satz nach oben. Ein Indiz dafür, dass die Suppe nicht so heiß ausgelöffelt wird, wie sie von den Wählern in Berlin angerichtet wurde.
Da sind rechtliche Hürden, die kaum niedriger sein dürften als beim Berliner Mietendeckel unseligen Angedenkens. Und es gibt Realpolitiker aus dem linken Spektrum, wie die designierte Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey, die angekündigt hat, das Votum zu respektieren. Klingt nach Zustimmung, bedeutet aber, dass sie nicht daran denkt, das Wählervotum umzusetzen.
Durch Enteignung oder Vergesellschaftung entsteht keine Wohnung. Aber Investoren werden abgeschreckt. Dabei gibt es Wege, das Grundbedürfnis Wohnen auch für weniger Vermögende erschwinglich zu halten. Der erste: Bauen unbürokratisch erleichtern. Der zweite: Wiederbelebung aller Facetten des sozialen Wohnungsbaus. Der dritte: Abschaffung von unnötigen Bauvorschriften, die die Kosten beständig nach oben treiben. Der vierte: Streichung aller immobilienspezifischen Abgaben, die letztlich auch in Mieten enthalten sind. Der fünfte: eine wirksame Förderung von Wohneigentum. Klar: Davon ist nichts neu. Aber auch nicht der Teil eines dirigistischen Großexperiments mit wahrscheinlich fatalem Ausgang.
Martin.Prem@ovb.net