„Der nächste Regierungschef in Berlin wird ein schwächerer Kanzler sein. Dies ist eine schlechte Nachricht für die Europäische Union, in der Deutschland mit Blick auf Einwohnerzahl und Wirtschaftskraft führend in einer unruhigen Welt sein muss. Der neue deutsche Bundeskanzler wird wohl eher ein ,primus inter pares‘ sein – der Erste unter Gleichen, wie das beim Ministerpräsidenten in den Niederlanden der Fall ist. Dem steht jemand wie Emmanuel Macron gegenüber, der als französischer Präsident über weitreichende Macht verfügt.“
De Telegraaf, Amsterdam
„Egal ob ein Sozial- oder Christdemokrat nächster Kanzler wird: Deutschland wird weiterhin eine stabile Demokratie sein, in der der gesunde Menschenverstand die Hauptrolle in der Politik spielen wird und populistische Parteien am Rand bleiben und wo man pragmatische Lösungen suchen wird. Es lässt sich darüber diskutieren, wie sich das Land nach 16-jähriger Kanzlerschaft Merkels entwickeln wird. Die Vorstellung kann uns mehr oder weniger gefallen, aber das Ergebnis wird immer sein, dass Deutschland das schafft und ein stabiler, konstruktiver Teil der Europäischen Union sein wird. (…) Das ist vielleicht langweilig, aber es ist gut.“
Sme, Bratislava
„Die Deutschen haben entschieden, sich nicht für einen Nachfolger von Angela Merkel festzulegen. (…) Nach den Wahlen geht es jetzt auf den politischen Basar. Im stabilen Deutschland wird das noch eine Lernstunde der Demokratie.“
La Stampa, Rom
„Das Wahlergebnis gibt keine klar definierte Koalition vor, sondern deutet auf monatelange Gespräche hin. Zuallererst dürfte davon die scheidende Kanzlerin Angela Merkel profitieren. Wenn sie bis Jahresende im Amt bleibt, kann sie den bisherigen Rekord Helmut Kohls als am längsten amtierender Kanzler in der Geschichte des demokratischen Deutschlands überbieten.“
Hospodarske noviny, Prag
„Es ist eine historisch schlechte Wahl für die Christdemokraten. Angela Merkel ist viele Jahre lang deutlich beliebter als ihre eigene Partei gewesen. Als sie keine erneute Wiederwahl als Kanzlerin anstrebte, fanden viele ihrer Wähler andere Alternativen als die Christdemokraten. Baerbock und Scholz sind die Wahlsieger. Aber sie haben sich mehr gewünscht. Es sieht nach einem knappen Sieg für Scholz aus, er hatte auf ein deutlicheres Mandat gehofft.“
Verdens Gang, Oslo
„In der Theorie ist der nächste deutsche Kanzler so schwach wie kein anderer vor ihm, da seine Macht von nun gleich zwei Partnern abhängt. In der Praxis kommt es daher auf sein Geschick an, sich eine starke Position zu sichern. Gerade jetzt, da die USA alte Allianzen überdenken und die EU feststellt, dass die Amerikaner nicht mehr für Europas Interessen in die Bresche springen, braucht Europa einen starken deutschen Kanzler.“
Der Standard, Wien