Kiffen für den Finanzminister

von Redaktion

Wie die geplante Legalisierung dem Staat nutzen kann: Es geht um Steuer-Milliarden

München – Mit den fortschreitenden Verhandlungen zur Ampel-Koalition von SPD, Grünen und FDP wird auch eine Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken wahrscheinlicher – und damit ein Haushaltsplus von mindestens 2,7 Milliarden Euro.

Das ist das Ergebnis einer Studie für den deutschen Hanfverband aus dem Jahr 2018. Angefertigt wurde sie von einem Team um den Wirtschaftswissenschaftler Justus Haucap. Jetzt prognostizieren die Autoren einen noch größeren volkswirtschaftlichen Nutzen.

Als Basis der Studie nimmt Haucap für das Jahr 2016 einen bundesdeutschen Bedarf von 250 Tonnen Cannabis an. Jedes Gramm soll 10 Euro brutto kosten, was dem unteren Preissegment auf dem Schwarzmarkt entspricht. So sollen die Dealer ausgetrocknet werden. Bei einer vergleichbaren Steuer wie auf Alkohol und Tabak lässt sich ein Steueraufkommen von 1,3 Milliarden Euro annehmen. Dabei sind neben einer angenommenen Cannabis-Steuer auch Lohn- und Gewerbesteuern eingerechnet, die sich aus Herstellung und Vertrieb des Cannabis ergeben. Dazu kommen knapp 280 Millionen Euro jährliches Sozialversicherungsaufkommen. Dem gegenüber stellen die Autoren der Studie die Kosten der Prohibition. Hier werden nur 1,1 Milliarden für die Polizei angenommen. Die Kosten für Justiz und Vollzug seien „aufgrund der mangelnden Verfügbarkeit belastbarer Daten“ nicht möglich.

Insgesamt erwarten die Autoren der Studie bei einer Legalisierung ein Haushaltsplus von mindestens 2,66 Milliarden Euro. Das ist noch konservativ geschätzt, wie Haucap dem „Spiegel“ am Sonntag sagte: „Insgesamt dürfte die Legalisierung von Cannabis dem Staat deutlich mehr Einnahmen bringen, als wir noch 2018 berechnet haben.“ Die aktualisierte Studie soll aber erst in einigen Wochen erscheinen. Zum Vergleich: Laut Statistischem Bundesamt nahm der Bund 2020 mit der Alkoholsteuer 2,2 Milliarden Euro ein.

Laut dem „Spiegel“ wollen die Ampel-Koalitionäre einen Teil der Cannabis-Einnahmen für Prävention und die Behandlung von Süchtigen reservieren. Politisch ist die Legalisierung für die Parteien keine Frage des Ob, sondern des Wie. Geht es nach FDP-Chef Christian Lindner, soll der Verkauf „beispielsweise in einer Apotheke nach gesundheitlicher Aufklärung“ erfolgen. Diese dürfen bereits seit 2017 auf Rezept medizinisches Marihuana zur Schmerzlinderung ausgeben, beispielsweise bei Krebserkrankungen oder Multipler Sklerose.

Unter Pharmazeuten stößt Lindners Vorschlag auf Gegenliebe, wie Christiane Neubauer bestätigt. Sie ist Geschäftsführerin beim Verband der Cannabis versorgenden Apotheken: „Sollte Cannabis zu Genusszwecken legalisiert werden, können nur Apotheker die Sicherheit der Verbraucher garantieren.“ Denn die Blüten müssten sowohl auf Schadstoffe als auch auf ihren Wirkstoff-Gehalt untersucht werden.

Wie teuer Cannabis aus der Apotheke wäre, kann Christiane Neubauer noch nicht abschätzen: „Beim medizinischen Cannabis werden die Patientenpreise vom Staat festgelegt.“ Ein Marktpreis für das Genussprodukt sei davon völlig losgelöst. Wichtiger als der Preis ist für Neubauer, die Stigmatisierung von Cannabis aus den Köpfen zu lösen: „Wenn wir nicht wollen, dass Konsumenten auf dem Schwarzmarkt gestreckte Ware kaufen, muss es ein legales Angebot in greifbarer Nähe geben.“ MATTHIAS SCHNEIDER

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