Merkel führt Scholz bei G20-Chefs ein

„Muttis“ ungleiche Fürsorge

von Redaktion

ALEXANDER WEBER

Wenn Angela Merkel und Olaf Scholz an diesem Wochenende beim G20-Gipfel in Rom auftreten, kommt es zu einem Novum in der deutschen Nachkriegsgeschichte: Ein scheidender Bundeskanzler, im aktuellen Fall eine Kanzlerin, führt ihren designierten Nachfolger persönlich in den exklusiven Club der Staats- und Regierungschefs ein. Das ist ehrenwert. Umso mehr, als der Sozialdemokrat nicht ihr Parteibuch hat und im Bundestagswahlkampf entscheidend dazu beitrug, die bisherige Kanzlerpartei auf die Oppositionsbänke zu schicken.

Hintergrund der Merkelschen Noblesse dürfte die in Europa grassierende Furcht sein, trotz der sich türmenden Problemberge bei den Megathemen Klima, Migration, Energie sowie den Herausforderungen durch aggressive Machtansprüche Russlands und Chinas könnte sich Deutschland eine lange Hängepartie bei der Regierungsbildung leisten. Merkel hatte aber nicht zuletzt Frankreichs Präsident Macron versprochen, für deutsche Handlungsfähigkeit zu sorgen. Jetzt löst sie ihr Versprechen ein.

Zur Wahrheit gehört leider aber auch: So viel Fürsorge hätte „Mutti“ auch ihrem CDU-Freund und Möchtegern-Nachfolger Armin Laschet zuteil werden lassen können – ja müssen. Merkels merkwürdiges Wegducken in der entscheidenden Wahlkampfschlacht zulasten jener Partei, der die Pastorentochter ihre jahrzehntelange Karriere zu verdanken hat, ist kein Ruhmesblatt.

Alexander.Weber@ovb.net

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