Berlin/Rom – Mitten in den Koalitionsverhandlungen hat SPD-Chef Norbert Walter-Borjans seinen Rückzug von der Parteispitze angekündigt. Der 69-Jährige will sich beim Parteitag im Dezember nicht erneut um den Parteivorsitz bewerben. „Jetzt sollen mal Jüngere ran“, sagte Walter-Borjans der „Rheinischen Post“.
Die Nachfolge blieb am Freitag unklar. Kanzlerkandidat Olaf Scholz will nicht an die SPD-Spitze rücken, wie er am Rande von Beratungen der G20-Staaten in Rom deutlich machte. Die SPD werde darüber gemeinsam entscheiden. „Das ist keine schwierige Aufgabe“, sagte Scholz. „Klar ist aber auch, dass ich mich auf das konzentriere, wofür ich von den Bürgerinnen und Bürgern einen Auftrag bekommen habe, nämlich eine Regierung zu bilden. Und der nächste Kanzler der Bundesrepublik Deutschland zu werden.“
Walter-Borjans sagte: „Für mich war mit dem Vorsitz von vornherein keine weitere Karriereplanung verbunden, sondern das Ziel, die Partei auf Kurs zu bringen.“ In einem Rundschreiben an die Vorstandsmitglieder drückte der frühere NRW-Finanzminister Genugtuung aus. Er habe das Gefühl, „mit dazu beigetragen zu haben, dass es gut läuft“, so Walter-Borjans. „Neudeutsch ausgedrückt: Mission accomplished.“ Planmäßig neu gewählt wird die SPD-Spitze bei einem Parteitag vom 10. bis 12. Dezember.
Die Co-Parteichefin Saskia Esken hatte angekündigt, dass sie eine weitere Amtszeit anstrebe. „Für mich kann ich sagen, ich habe noch eine Agenda vor mir“, hatte Esken im August in einem Interview gesagt. Nun dankte die Baden-Württembergerin dem Rheinländer: „Lieber Norbert, ich bin Dir unendlich dankbar für die gemeinsame Zeit!“ Die SPD werde ihren Weg in den Koalitionsverhandlungen zu einem guten Erfolg führen.
Als ein möglicher Anwärter für den Vorsitz gilt Generalsekretär Lars Klingbeil, unter dessen Leitung die SPD-Wahlkampagne die Partei zum Sieg führte. Der Niedersachse gilt aber auch als möglicher Kandidat für einen Ministerposten. Auch der frühere Juso-Chef und SPD-Vize Kevin Kühnert wird immer wieder genannt, gilt aber manchen in der Partei noch mangels weiterer früherer Ämter als zu unerfahren.
Laut Satzung könnte die SPD nach zwei Jahren aber auch wieder von der Doppel- zu einer einfachen Spitze zurückkehren. Doch wird dies in der Partei für weniger wahrscheinlich gehalten. So oder so: Scholz gilt bei den Sozialdemokraten ohnehin als heimlicher Chef, seit der 63-Jährige im Wahlkampf in der Beliebtheit an den Mitbewerbern vorbeigezogen war. Erst infolge dessen überwand die Partei ihr jahrelanges Tief
BASIL WEGENER UND JÖRG BLANK