Berlin – Für die CDU dürfte es eine Schicksalsfrage sein: Spalten und zerlegen sich die Christdemokraten bei ihrer Neuaufstellung nach dem historischen Desaster bei der Bundestagswahl weiter? Oder findet die Partei am Ende doch noch mit einem neuen Führungsteam einigermaßen geeint in eine starke Rolle an der Spitze der Opposition gegen die mutmaßlichen Ampel-Partner von SPD, Grünen und FDP. Viel wird von den Gesprächen abhängen, die gegenwärtig immer noch hinter den CDU-Kulissen laufen.
Glaubt man Eingeweihten, könnte sich mehr und mehr ein Duell abzeichnen zwischen dem Wirtschaftsexperten Friedrich Merz auf der einen und dem Außenpolitiker Norbert Röttgen auf der anderen Seite. Beide, glauben erfahrene Strategen in der Partei, würden ihre Ambitionen auf die Nachfolge des gescheiterten CDU-Vorsitzenden Armin Laschet wohl kaum aufgeben. Keiner von beiden werde zurückziehen.
Die „Poleposition“ in der vom 4. Dezember an anstehenden Mitgliederbefragung habe der 65 Jahre alte Merz, meinen auch manche, die nicht zu seinen Anhängern gehören. Das liege neben dessen Bekanntheit auch daran, dass das Durchschnittsalter der rund 400 000 CDU-Mitglieder bei 61 Jahren liege. In dieser Altersgruppe würden sich viele an die guten alten Zeiten erinnern, in denen die Partei noch für Wahlergebnisse von über 40 Prozent gut war. Außerdem seien Mitglieder und Anhänger tendenziell konservativer als Mandatsträger, die auf Parteitagen entscheiden. Auch das könne für Merz sprechen.
Vor allem jüngere Bundestagsabgeordnete der CDU befürchten allerdings, mit Merz an der Spitze werde das erhoffte Erneuerungs- und Aufbruchssignal an junge und weibliche Anhänger und Wählerinnen und Wähler recht dürftig ausfallen. Der Wirtschaftsexperte wirke oft wie aus der Zeit gefallen und werde Nachwuchs-Wähler kaum begeistern können, ist dort die Sorge. Und bei den CDU-Frauen kam Merz bei seinen vorangegangenen Versuchen, die Parteispitze zu erobern, nicht gut an. Aber zumindest unter jungen Abgeordneten ist die Stimmung bei Weitem nicht einheitlich: Auch unter ihnen gibt es weiterhin glühende Merz-Anhänger, genauso wie im Wirtschaftsflügel.
Mit Merz und Röttgen könnten auch zwei Richtungen verbunden werden, in die sich die CDU jeweils mit ihnen an der Spitze bewegen könnte. Schon lange gilt Merz als Hoffnungsträger für Anhänger einer konservativeren CDU, die im Mitte-Kurs der damaligen Vorsitzenden und Kanzlerin Angela Merkel Teufelszeug sahen. Röttgen dagegen hat versucht, mit sich öffentlich das Image einer moderneren, mittigeren und offeneren Parteiführung zu verknüpfen. Zumindest Merz und sein Lager würden den Versuch einer solchen ideologischen Einengung aber wohl bestreiten.
Viel wird nun darauf ankommen, ob es Merz tatsächlich gelingt, ein Team zu präsentieren, das auch Skeptiker überzeugt. Merz suche nach einer Frau als Generalsekretärin, ist zu hören – was auch für Röttgen gelten soll. Offen scheint zudem, ob es nicht doch einen Drei- oder gar Vierkampf in der Mitgliederbefragung geben wird. Nachdem die „Bild“-Zeitung unter Berufung auf CDU-Kreise gemeldet hatte, Gesundheitsminister Jens Spahn wolle eine solche Befragung offenbar nicht riskieren, weil er davon ausgehe, dabei keine Mehrheit zu bekommen, meinte der als ehrgeizig bekannte 41-Jährige beim Verlassen der Parteizentrale: Manche Meldung des Tages sporne eher an, als dass sie mürbe mache.
Auch Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus wird nachgesagt, er halte sich selbst durchaus für den Parteivorsitz geeignet. In der Fraktion ist er bei vielen wegen seiner rhetorischen Fähigkeiten und seiner Angriffslust gegenüber dem politischen Gegner beliebt.