Konfliktherd Westbalkan

Wo die EU jetzt hinschauen muss

von Redaktion

MARCUS MÄCKLER

Von der hiesigen Öffentlichkeit fast unbemerkt, braut sich vor den Türen der EU ein alter Konflikt neu zusammen. Bosnien-Herzegowina, das wie die anderen Westbalkanstaaten eigentlich in die EU will, droht von innen heraus zerrissen zu werden. Vor wenigen Tagen erst spielte der Chef der bosnischen Serben, Milorad Dodik, offen mit Abspaltungsgedanken; er will weg vom multiethnischen Bosnien-Herzegowina, hin zu einem Großserbien. Das ist, 26 Jahre nach Ende des Bosnienkrieges, ernüchternd – und brandgefährlich über die Region hinaus.

Man kann darüber streiten, ob der stagnierende EU-Beitrittsprozess Mitursache oder Symptom dieser Entwicklung ist. Auf dem Westbalkan gilt die ersehnte EU-Mitgliedschaft als Allheilmittel gegen das Wiederaufflammen der vielen inneren Konflikte. In Brüssel dürfte man dagegen eher froh sein, sich die spannungsreiche Region nicht schon jetzt ins Haus geholt zu haben. Geografisch gesehen liegt sie aber mittendrin, schon deshalb muss die Möglichkeit neuer ethnisch-nationalistischer Konflikte die EU beschäftigen. Lässt sie sehenden Auges zu, dass das Land zerbricht, ist nicht nur das dünne Selbstverständnis als regionale Ordnungsmacht endgültig dahin. Es drohte auch großes Chaos in der Region. Dem Kreml, der Dodik anscheinend unterstützt und die Einsetzung des Hohen Repräsentanten für Bosnien-Herzegowina blockiert, mag das gefallen. Aber in Brüssel müssen die Alarmglocken schrillen.

Marcus.Maeckler@ovb.net

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