Glasgow – Ohne finanzielle Zusagen kein wirksamer Klimaschutz: Diese Formel dürfte den Verhandlern im schottischen Glasgow mittlerweile bekannt sein. Das Geld ist auch bei der diesjährigen Weltklimakonferenz einer der Knackpunkte. Mit eindringlichen Appellen erinnerten die Vertreter ärmerer Staaten die Industrienationen an ihre Finanz-Versprechen – und daran, was es für sie bedeutet, wenn nicht genug getan wird, um die Erderhitzung zu stoppen.
„Wir können nicht länger warten“, sagte Sonam Phuntsho Wangdi aus dem südasiatischen Staat Bhutan als Sprecher einer Gruppe der am wenigsten entwickelten Länder. „Wir haben am wenigsten zu dieser Klimakrise beigetragen.“ Die 46 Länder der Gruppe, in denen etwa eine Milliarde Menschen leben, seien für nur ein Prozent der globalen klimaschädlichen Emissionen verantwortlich. Zugleich litten sie heute schon tagtäglich unter dem Klimawandel. „Wir sind abhängig von den Entscheidungen, die hier getroffen werden.“
Der Vertreter der Entwicklungsländer äußerte sich enttäuscht darüber, dass die Industriestaaten ihr im Pariser Klimaabkommen von 2015 bekräftigtes Versprechen, jedes Jahr 100 Milliarden US-Dollar zur Bewältigung der Klimakrise zur Verfügung zu stellen, erst mit Verspätung erreichen. „Es ist zu wenig und zu spät“, sagte Wangdi. Eigentlich sollte die Summe seit 2020 in die stark betroffenen Länder fließen. Nun wird sie voraussichtlich 2023 erstmals erreicht.
Das Treffen der Staats- und Regierungschefs brachte schon neue Verpflichtungen: Großbritannien, Spanien, Japan, Australien, Norwegen, Irland und Luxemburg versprachen, ihre Klimafinanzierung aufzustocken. Wichtig zu wissen: Die Mittel aus dem Topf der Klimafinanzierung bestehen zu 70 Prozent etwa aus Krediten, nur 30 Prozent sind Zuschüsse. Umweltverbände und die Entwicklungsländer selbst fordern von den Industriestaaten, noch stärker als bisher für die Verluste und Schäden aufzukommen, die der Klimawandel verursacht.
Klimagerechtigkeit müsse im Mittelpunkt der Konferenz stehen, bekräftigte Harjeet Singh vom Climate Action Network, zu dem mehr als 1500 Organisationen aus aller Welt gehören. „Die Menschen, die heute schon leiden, brauchen auch heute Unterstützung.“
In den globalen Bemühungen geht es auch darum, mehr private Finanzmittel zu mobilisieren. „Es ist eine Tatsache, dass wir den privaten Sektor brauchen, um diese große Transformation zu schaffen“, sagte UN-Klimachefin Patricia Espinosa. Die Finanzbranche setzte hier ein Zeichen: Mehr als 450 Finanz- unternehmen aus 45 Ländern kündigten an, 130 Billionen Dollar an privatem Kapital mobilisieren zu wollen, um die Welt bis 2050 klimaneutral zu machen.
Der kanadische Bankmanager Mark Carney in Glasgow, der an der Spitze der sogenannten Glasgow Financial Alliance for Net Zero steht, erinnerte daran, dass das besagte Kapital vor zwei Jahren noch bei fünf Billionen Dollar gelegen habe. Als „potenziell transformativ“ bezeichnete Klima-Experte David Ryfisch von Germanwatch den Vorstoß. Ryfisch sieht Indizien dafür, dass ein grundlegendes Umdenken in der Finanzbranche eingesetzt habe. Die Finanzwelt sei mittlerweile zu einer „treibenden Kraft zur Umsetzung des Pariser Abkommens“ geworden.