Der Ampel-Zeitplan wackelt

von Redaktion

„Zu wenig Fortschritt“: Grüne unzufrieden mit Verhandlungsstand – Weitgehende Pläne für die Deutsche Bahn

Berlin – Die viel gerühmte Vertraulichkeit bekommt erste Risse: Am Donnerstag sickerten ein paar Details der Ampel-Verhandlungen in Berlin durch. Sie dürften vor allem bei der Deutschen Bahn für Unruhe sorgen.

Grüne und FDP wollen einem Bericht des „Spiegel“ zufolge mehr Wettbewerb auf der Schiene und planen deshalb, den Konzern in seiner bisherigen Form zu zerschlagen. Demnach soll der Bereich DB Netze, der für die Schieneninfrastruktur, Bahnhöfe und Energieversorgung zuständig ist, vom Betrieb der Züge getrennt werden. Den Grünen geht es dabei offenbar darum, den verschuldeten Konzern für die Verkehrswende fit zu machen. Die Liberalen wollen in erster Linie mehr Konkurrenz auf Fernstrecken ermöglichen.

Das Thema soll am Dienstag auf dem Verhandlungstisch gelegen haben. Die SPD ist laut „Spiegel“ bisher zwar dagegen; um sie umzustimmen, wollen die beiden kleineren Parteien ihr aber bei der Besetzung der Bahnspitze entgegenkommen. Konzernchef Richard Lutz steht wohl ebenso auf der gelb-grünen Abschussliste wie der für die Infrastruktur zuständige DB-Vorstand und CDU-Mann Ronald Pofalla. Für die DB-Spitze käme die Güterverkehrsvorständin Sigird Nikutta infrage. Sie steht bei den Sozialdemokraten hoch im Kurs.

Die FDP scheint sich indes von einem Wahlversprechen lösen zu müssen. Wie das „Handelsblatt“ erfahren hat, wird es wahrscheinlich kein eigenständiges Digitalministerium geben. Man befinde sich mit der Forderung „auf dem Rückzug“, wird ein Unterhändler zitiert. Bei den Liberalen setze sich die Einsicht durch, dass die Schaffung eines neuen Ministeriums zu lange dauern und das Tempo bei der Digitalisierung eher bremsen würde.

Dass solche Details durchsickern, ist bemerkenswert. Eigentlich hatten sich die Ampel-Verhandler zu völliger Verschwiegenheit verpflichtet, aus den 22 Arbeitsgruppen drang bislang so gut wie nichts. Allerdings scheinen die Gespräche schwieriger zu werden. Die Grünen zeigten sich am Donnerstag jedenfalls offen unzufrieden mit dem Verhandlungsstand. „Wir sehen derzeit zu wenig Fortschritt, was die inhaltliche Substanz anbetrifft“, sagte Bundesgeschäftsführer Michael Kellner.

Damit gerät auch der Zeitplan durcheinander. Eigentlich wollten die Generalsekretäre von SPD, Grünen und FDP gestern Einzelheiten über das weitere Vorgehen vorlegen. Doch daraus wurde nichts. Stand jetzt soll Ende November ein Koalitionsvertrag auf dem Tisch liegen, die Kanzlerwahl ist für den 6. Dezember vorgesehen. Der Termin könnte nun wackeln.

Offenbar hakt es unter anderem bei der Frage der Finanzierung wichtiger Vorhaben beim Klimaschutz und der Infrastruktur. In ihrem Sondierungspapier hatten die Verhandler das Thema angesichts absehbarer Differenzen noch umschifft.  mmä/dpa

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