München – Was treibt eigentlich Olaf Scholz? Der Kanzler in spe macht sich dieser Tage rar, was vielleicht gar nicht so auffiele, wenn sich nicht zugleich die Corona-Lage drastisch verschärfen würde. Die Infektionszahlen steigen, die Kliniken laufen voll, vom SPD-Mann gibt es bisher kein Wort dazu – aber das soll sich ändern. Scholz will offenbar morgen im Bundestag die Corona-Pläne der künftigen Ampel-Regierung erläutern. Die Vorschläge von SPD, Grünen und FDP sorgten schon gestern für Diskussionen.
Die Partner wollen unter anderem verpflichtende Tests – aber keine Impfpflicht – für Pflegekräfte. Die kostenlosen Schnelltests für alle sollen zurückkommen. Und: Am Arbeitsplatz soll es strenger zugehen, 3G wird wohl bundesweit zur Pflicht. Heißt: Wer nicht genesen oder geimpft ist, muss sich künftig auf das Virus testen lassen – und zwar, anders als bei der aktuellen 3G-Regel in Bayern, täglich. Arbeitgeber sollen zudem ein Recht auf Auskunft bekommen. SPD-Gesundheitsexpertin Sabine Dittmar ging am Dienstag davon aus, „dass der Arbeitgeber für eine gewisse Zeit diese Daten abspeichern kann“.
Bis jetzt gilt die Auskunftspflicht nur in bestimmten Bereichen wie in Altenheimen, eine Ausweitung sehen vor allem die Gewerkschaften kritisch. Dittmar sagte, man sei derzeit in „intensiven Gesprächen“ – ob sie fruchten, ist unklar. Auch andere Details sind noch offen, etwa die Frage, wie mit Arbeitnehmern verfahren wird, die einen Test verweigern. Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands BDA, sagte dazu: „Kommt der Arbeitnehmer seiner Nachweispflicht nicht nach, wird er vielfach nicht mehr beschäftigt werden können.“
Aktuell liegt der Plan zur Prüfung beim SPD-geführten Arbeitsministerium. Man erhoffe sich Vorschläge, „wie wir die Einhaltung dieser Regelung wirkungsvoll gestalten können“, sagte die Grünen-Gesundheits-Politikerin Maria Klein-Schmeink. Mindestens zwei Tests sollen kostenlos bleiben.
Der Gesetzentwurf der Ampel-Parteien sorgte schon für breite Kritik. Der Deutsche Städtetag bemängelte, mit dem Entwurf sei die Chance vertan worden, die 2G-Regel –also Zugang generell nur für Geimpfte und Genesene – im Freizeitbereich bundesweit einzuführen. Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, kritisierte es als „fahrlässig“, dass es keine tägliche Testpflicht „für alle in der Pflege“ geben soll. Beschäftigte in der Pflege sollen den Ampel-Plänen zufolge zwei Mal wöchentlich zu PCR-Tests verpflichtet werden, auch wenn sie geimpft sind.
Kritik gab es erneut am Plan, die „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ Ende November auslaufen zu lassen. Damit fällt die Rechtsgrundlage etwa für pauschale Schulschließungen weg. Maskenpflicht, Abstandsgebote oder 2G/3G-Regeln will die Ampel indes den Ländern überlassen.
Eine Ministerpräsidentenkonferenz lehnen die drei Partner weiter ab, obwohl die Rufe danach lauter werden. NRW-Regierungschef Hendrik Wüst (CDU) forderte ein Treffen spätestens nächste Woche. „Wir haben schon viel Zeit verloren, die Corona-Lage spitzt sich in Teilen Deutschlands Tag für Tag zu“, sagte er. Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) betonte, es brauche nun organisatorisch gute Absprachen. „Wir müssen bis Weihnachten 20 Millionen verabreichte Auffrischungsimpfungen erreichen“, sagte er in der ARD. Das passiere nicht von allein.
Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) stellt ganz eigene Überlegungen zur Impfung an und fordert, wegen der nachlassenden Wirkung eine zeitliche Begrenzung des Geimpften-Status zu prüfen. „Man sollte sich überlegen, ob nach neun Monaten fast automatisch ein Geimpften-Status nicht mehr gelten kann“, sagte er. Es müsse geprüft werden, ob der 2G-Status dann noch erhalten werden kann. Die Ständige Impfkommission müsse sich dazu positionieren. mit dpa