München – Auch in Österreichs Politik gibt es eine Ampel. Am Sonntag soll sie auf Grün umspringen, aber das ist in diesem Fall keine gute Nachricht. Als Alexander Schallenberg am Freitag von „grünem Licht“ für weitreichende Maßnahmen spricht, meint der Kanzler streng genommen das Gegenteil. Es könnte sein, dass in nächster Zeit nicht mehr viel gehen wird zwischen Vorarlberg und Burgenland. Zumindest für Ungeimpfte.
Seit Wochen steigen die Inzidenzen im Nachbarland stetig an. In Salzburg und Oberösterreich liegen sie mittlerweile satt über 1000. Als Mitte der Woche zum ersten Mal die Rede davon war, in den Hotspots sollten nur noch Geimpfte und Genesene am öffentlichen Leben teilnehmen dürfen, schien das noch eine ungewöhnlich drastische Maßnahme zu sein, wie sie schon lange nicht mehr nötig war. Prompt stieß die Idee in den betroffenen Ländern erst mal auf verbissenen Widerstand. Zwei Tage später hatte sich die Lage dann bereits so verschärft, dass die Maßnahmen nun in ganz Österreich gelten sollen. Am Sonntagabend werde der Nationalrat darüber beraten, kündigte Schallenberg an.
Er könne diesem Vorschlag „viel abgewinnen“, sagt Tirols Regierungschef Günther Platter, Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz. Selbst der Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer zieht nun brav mit. Am Mittwoch hatte er noch gespottet, Virologen würden die Bürger „am liebsten einsperren“.
Die Zeit der Verharmlosung scheint nun vorbei. „Wir müssen die Schrauben noch mal enger ziehen“, sagt Kanzler Schallenberg, nur wenige Tage, nachdem seine Regierung bereits eine weitreichende 2G-Regelung beschlossen hatte. Wer nun nicht mindestens die erste Spritze bekommen hat, soll sein Zuhause nur noch für die Arbeit oder dringende Bedürfnisse verlassen dürfen. In Salzburg und Oberösterreich geht man ab Montag noch deutlich weiter. Dort umfassen die Einschränkungen auch öffentliche Veranstaltungen, Nachtgastronomie oder Christkindlmärkte. Landesweit gilt zudem eine Impfpflicht für Pflegeberufe.
Österreich ist nicht das einzige Nachbarland, das mit rigiden Maßnahmen die vierte Corona-Welle zu brechen versucht. In den Niederlanden etwa gilt ab Samstag für drei Wochen ein Teil-Lockdown. Gaststätten und Supermärkte müssen um 20 Uhr schließen, andere Geschäfte früher. Bürger dürfen nur maximal vier Besucher am Tag empfangen und sollen im Homeoffice arbeiten. Sportwettkämpfe werden ohne Publikum ausgetragen. „Diese Eingriffe sind einschneidend und werden alle treffen“, sagte Ministerpräsident Mark Rutte am Freitagabend in Den Haag. Nach drei Wochen soll unter anderem in der Gastronomie „2G“ gelten.
Die Niederlande sind eines von zehn Ländern, in denen die Corona-Lage von der EU-Gesundheitsbehörde ECDC als „sehr besorgniserregend“ eingestuft wird. Auch Österreich gehört dazu. Deutschland stuft den Nachbarn (sowie Tschechien und Ungarn) ab Sonntag nun wieder als Hochrisikoland ein, nur wenige Regionen wie das Kleinwalsertal und der Achensee sind ausgenommen. Wer aus einem Hochrisikogebiet nach Deutschland einreist und nicht vollständig geimpft oder genesen ist, muss für zehn Tage in Quarantäne und kann sich frühestens nach fünf Tagen freitesten.
Ein Schlag ist das vor allem für den Tourismus. Die Einstufung treffe die Hotels „in Mark und Bein“, heißt es von der Wirtschaftskammer Österreich. In der Wintersaison kämen drei von vier Gästen aus dem Ausland, fast 37 Prozent aller Übernachtungen entfielen auf Deutsche. Nicht wenige Hotels rechneten nun damit, die Hälfte ihrer Buchungen zu verlieren. mit dpa