Verhandlungen über die Ampel

Scheitern verboten

von Redaktion

MIKE SCHIER

Es gleicht einem Wunder: Wochenlang haben mehrere Hundert Politiker im sonst so geschwätzigen Berliner Politbetrieb hinter verschlossenen Türen an einer Koalition gebastelt, ohne dass Details ans Tageslicht kamen. Manche beschwerten sich zwar schon über die Intransparenz – aber wenn es eine Lehre aus dem Hickhack der gescheiterten Jamaika-Verhandlungen 2017 gab, dann die: Im halböffentlichen Raum, begleitet von Lobbyisten, Journalisten und der keineswegs immer begeisterten Parteibasis, lassen sich keine guten Kompromisse finden.

Die Verschwiegenheit war umso bemerkenswerter, da allmählich ans Tageslicht kommt, wie hitzig es tatsächlich zur Sache ging – wobei Letzteres eigentlich keinen überraschen kann. Dass es mit der FDP an Bord von den großen Themen wie Klima und Steuern bis zum letzten Gendersternchen kontrovers werden könnte, war klar. Die Liberalen hatten für sich als Maßgabe ausgegeben, den größten Unsinn zu verhindern. Offenbar waren sie recht erfolgreich, anders lassen sich die zunehmenden Mahnungen vonseiten der Grünen, die sogar vor einem Scheitern der Gespräche warnen, kaum interpretieren.

Die gute Laune des ersten Selfies scheint dahin. Doch Tatsache ist: Ein „lieber nicht regieren“ (FDP 2017) würde das Land angesichts der eskalierenden Pandemie keiner Partei verzeihen. Es gibt auch keine Alternative, zumal die mit sich selbst beschäftigte Union nicht regierungsfähig wirkt. Wenn heute also die nächste Runde beginnt, ist der Druck gewaltig: Die Ampel muss sich einigen.

Mike.Schier@ovb.net

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