München – Es gibt Ehrentitel, die nicht mal Markus Söder gerne trägt. Als „Weltmeister“ verhöhnten ihn die Landtags-Grünen im Juli, aber leider nur als „Weltmeister der Ankündigungen“. Seit Monaten rede der Ministerpräsident über ein neues Klimaschutzgesetz, grollte Fraktionschef Ludwig Hartmann, statt einem konkreten Gesetz lege er aber „nur schöne Worte“ vor. Es müsse endlich konkreter zugehen.
Die Kritik hat einen wahren Kern, denn das von Söder oft angekündigte Gesetz hing über Monate in der Staatsregierung fest. Mal hieß es, Umweltminister Thorsten Glauber sei zu ambitioniert in seinen Vorschlägen, dann hieß es, Söder wolle mehr. Zwischendurch stellten sich die Freien Wähler gegen einzelne Maßnahmen, etwa die Solarpflicht auf Neubauten. Weil Welle um Welle der Pandemie die Ressourcen der Verwaltung band, wurde das Gesetz verschoben. Jetzt hat das Kabinett einen Kompromiss vorgelegt.
Die Schlagworte: Bayern soll bis 2040 klimaneutral sein. Und allein im kommenden Jahr soll eine Milliarde Euro in Klimaschutzprojekte fließen. „Wenn wir beim Klimaschutz versagen, versagen wir vor unseren Kindern und Kindeskindern“, sagt Söder. Die Folgekosten des Klimawandels würden viel höher als jetzt die Investitionen.
Pläne sind die Renaturierung der staatlichen Moorflächen, Aufforstungen, der Ausbau von Elektromobilität, Busnetzen, Schienen- und Radverkehr. Das vielleicht nicht größte, aber prominenteste Vorhaben ist eine Solarpflicht auf Neubauten. Es wird aber nur staatliche Bauten und Gewerbeflächen betreffen, keine Wohnhäuser. Da hatte sich Vize-Ministerpräsident Hubert Aiwanger (FW) quergestellt.
Einige Details gehen aus dem Gesetzentwurf hervor, der unserer Zeitung vorliegt. Der Staat muss demnach seine Bestands-Bauten aufrüsten, wenn die Haushaltsmittel reichen. Bei Gewerbebauten wird ein Stichtag eingezogen: Wer seine Baugenehmigung ab Juli 2022 einreicht, muss Solaranlagen mitplanen. Das gilt auch, wenn nach Januar 2025 Dächer komplett erneuert werden. Ausgenommen sind Wohngebäude, kleine Dächer bis 50 Quadratmeter, Garagen und Gewächshäuser. Auch „unterirdische Bauten“ gelten – wenig überraschend – als nicht geeignet.
Zweites Großprojekt der Kabinettsklausur am Sonntag und Montag ist der Staatshaushalt: 71 Milliarden Euro schwer, darunter 5,9 Milliarden Kreditermächtigungen – erneut wird die in der Verfassung verankerte Schuldenbremse 2022 ausgesetzt. Man habe „sorgsam gewirtschaftet“, sagt Finanzminister Albert Füracker (CSU), und den vom Landtag für 2020 genehmigten Corona-Schuldenrahmen von 20 Milliarden Euro noch nicht ausgereizt. Füracker kürzt den Ministerien pauschal 700 Millionen Euro. Wo genau der Rotstift angesetzt wird, ist noch nicht klar.
Ein kräftiges Plus gibt es wieder beim Personal: rund 2800 neue Stellen. 1250 gehen an die Schulen, 500 an die Polizei, 100 in den Aufbau der Technischen Universität Nürnberg, 84 ans Klinikum Augsburg und 425 Stellen für den Öffentlichen Gesundheitsdienst. Rund eine Milliarde Euro steht für die Hightech-Agenda bereit.
Die Opposition äußert sich skeptisch. „Wir glauben Söders großspurige Ankündigungen nicht mehr. Er verspricht regelmäßig alles und hält sehr wenig“, sagt SPD-Fraktionschef Florian von Brunn. Die FDP fordert, die erhofften Steuer-Mehreinnahmen so einzusetzen, dass am Ende weniger Schulden gemacht werden. Verdacht der Liberalen: Söder schone die Rücklage, um sie im Wahljahr 2023 unters Volk zu blasen. Der Landtag wird im Dezember den Etat beraten.