Gao – Bei der frühmorgendlichen Befehlsausgabe im Bundeswehrlager im Norden Malis misst das Thermometer bereits fast 40 Grad Celsius. Dabei ist noch nicht mal die Sonne aufgegangen. Außerhalb der klimatisierten Zelte erwartet die Soldaten eine öde Wüstengegend aus rötlichem Sand, steinigen Straßen und dornigen Sträuchern. Schatten gibt es kaum.
„Unter diesen Bedingungen strengt es teilweise sehr an, konzentriert zu bleiben“, schreibt die Bundeswehr, die im Camp Castor am Rande der Stadt Gao rund 950 Soldaten als Teil der UN-Friedensmission Minusma stationiert hat, in einem Lagebericht. „Das Klima ist eine hohe Belastung“, bestätigt Oberstleutnant Germar Lacher per Feldtelefon aus Gao. Besonders bei Patrouillen und Aufklärungseinsätzen erschwerten extreme Wetterbedingungen Truppenbewegungen und Logistik.
Staub, Steine, Hitze und UV-Belastung stellten eine besondere Herausforderung an das Material, sagt Lacher. Der feine rote Staub findet seinen Weg in die kleinsten Ritzen. Das bedeutet ständige, gründliche Reinigung und Wartung, teilweise in verschlossenen, gekühlten Zelten. „Die Wartung ist grundsätzlich wesentlich höher, als wie wir es in Deutschland kennen. Der technische Dienst muss besonders sorgfältig sein.“
Doch was tun, wenn der Klimawandel die Bedingungen noch extremer macht? Schon heute gilt der Einsatz in der ehemaligen französischen Kolonie, die zu zwei Dritteln aus Wüste besteht, als der gefährlichste der Bundeswehr. Experten warnen, klimatische Veränderungen könnten ihn noch härter und riskanter machen.
Gleiches gilt für die Bevölkerung. Zunehmende Wetterkatastrophen wie Dürren und Fluten führen schon heute zu Wasser- und Lebensmittelknappheit, warnen Experten. Weide- und Ackerland schwinden, die Wüste dringt vor. Das schürt auch Konflikte um Acker- und Weideland und zwischen Volksgruppen.
Schwache Regierungsführung habe die Herausforderungen verschärft, Sicherheit untergraben und lokale Missstände verstärkt, analysiert das Stockholmer Internationale Friedensforschungsinstitut SIPRI. Dies wiederum erleichtere es kriminellen und extremistischen Gruppen, in der Region zu agieren und Kämpfer zu rekrutieren – nicht nur in Mali, auch in anderen Ländern der Sahelzone wie Niger und Burkina Faso.
Mali befindet sich seit fast einem Jahrzehnt in einem langwierigen Konflikt, in dem Anschläge und Kämpfe zwischen Terrorgruppen, Rebellen und Regierungstruppen weite Teile des Landes destabilisieren. Der Krisenstaat mit 20 Millionen Einwohnern hat seit 2012 drei Militärputsche erlebt und gilt als politisch äußerst instabil. Seit dem letzten Putsch im Mai wird das Land von einer militärischen Übergangsregierung geführt. International ausgehandelte Versprechen, bis Februar demokratische Wahlen abzuhalten, scheinen leer auszugehen.
Die Zahl der Menschen, die in Mali aufgrund von Konflikten und einer sich verschärfenden Klimakrise vertrieben wurden, hat sich in den letzten zwölf Monaten vervierfacht. Aktuell seien mehr als 400 000 Menschen auf der Flucht, warnt die Hilfsorganisation Care. Eine drohende Dürre könne die Nahrungsmittelkrise weiter verschlimmern. Schon heute seien mehr als eine Million Malier von Hunger bedroht. „Wir haben in den letzten Jahren einen Anstieg der Temperaturen und eine Zunahme extremer Wetterereignisse wie Überschwemmungen und Dürren erlebt“, bestätigt Lemba Bisimwa, Projektleiterin für das Roten Kreuz in Mali. 2020 seien 80 000 Menschen von Überschwemmungen betroffen gewesen.