Es ist still geworden um Sebastian Kurz. An öffentlichen Debatten nimmt er kaum noch teil, seit er das Amt des österreichischen Bundeskanzlers gegen das des Fraktionschefs im Nationalrat tauschen musste. Das heißt aber nicht, dass Kurz es tatsächlich ruhiger angehen ließe. Im Gegenteil, er scheint fleißig gewesen zu sein.
Wenn heute das Parlament in Wien über die Aufhebung seiner Immunität abstimmt, wird Kurz auf typische Kurz-Art vorbereitet sein. Zur Erinnerung: Ihm wird vorgeworfen, seinen Aufstieg seit 2016 durch eine Manipulation der öffentlichen Meinung abgesichert zu haben, bei der Steuergelder eine Rolle spielten. Seine Verteidigungsstrategie erinnert nun frappierend an diese Vorgänge. Nur dass statt einer Meinungsforscherin ein Strafrechtsprofessor in seinem Sinne agiert.
Der ganze Vorgang wirkt bestenfalls halbseiden. Die Universität geht auf Distanz, Juristenkollegen üben scharfe Kritik am Vorgang wie auch am Inhalt des Gutachtens. Dem Ex-Kanzler, dem sein öffentliches Ansehen immer so wichtig war, droht der Kampf um die Deutungshoheit zu misslingen. Zuletzt wünschte sich eine Mehrheit der Österreicher seinen Rückzug aus der Politik. Ob der Jurist, den er zu Rate zog, die beste Wahl war, bleibt auch noch abzuwarten. Schon zweimal legte er sich für ranghohe Politiker unter Korruptionsverdacht ins Zeug. Beide Prozesse endeten mit Haftstrafen.
Marc.Beyer@ovb.net