Ein aufgebohrtes Gesetz für die Ampel

von Redaktion

Bundestag verabschiedet neue Corona-Regeln – deren Haltbarkeitsdatum aber offen bleibt

München/Berlin – Es ist die erste große Machtprobe für die Ampel. Auf den ersten Blick sind die Fronten klar, die rotgelbgrünen Sieger und die schwarzen Besiegten dieses Tages. Doch bei näherem Hinsehen läuft alles etwas anders bei der großen Bundestags-Debatte über das neue Infektionsschutzgesetz.

Nichts hat die Gemüter so aufgewühlt wie die Frage, ob die neuen Regeln reichen, die die alte „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ ablösen sollen. Natürlich, argumentiert die SPD-Gesundheitspolitikerin Sabine Dittmar. Widerstand tut sie als „kleinkariertes Klein-Klein“ ab. Und obwohl es in diesem Zusammenhang wenig zur Sache tut, erinnert sie genüsslich an die Maskendeals der Union. Keinesfalls genüge das Gesetz, sagt hingegen Unions-Fraktionsvize Stephan Stracke (CSU). Die Ampel-Pläne würden der Dramatik nicht gerecht. Der Maßnahmenkatalog werde „ohne Not“ stark verkürzt: „Das kann nicht gut gehen.“ Und FDP-Mann Marco Buschmann vermutet, der Protest richte sich nicht gegen die Corona-Pläne, sondern „gegen eine politische Konstellation, die im Werden ist“. Es gehe aber nicht um ein Duell Union vs. Ampel.

Da ist viel Schärfe in der Luft. Tatsächlich setzt sich die Ampel mit ihrer vollen Stärke durch. 398 Abgeordnete – das gesamte Personal von SPD, Grünen und FDP – bringen das Gesetz durch den Bundestag. Doch bei genauerem Hinschauen wird deutlich: Seit dem Vorlegen eines ersten Entwurfs hat es eine rege – und konstruktive – Kommunikation zwischen den Parteien gegeben. In dem Gesetz finden sich einige Anregungen der Union wieder.

Das Paket sieht nun bundesweit eine 3G-Regel für Arbeitsplätze und öffentliche Verkehrsmittel sowie eine Testpflicht für Besucher und Personal in Pflegeheimen und Kliniken vor. Die Arbeit im Homeoffice soll ausgedehnt werden, zudem können die Länder weiterhin harte Maßnahmen bis hin zum Verbot von Veranstaltungen ergreifen. Freizeit, Kultur, Sport sind da genannt, außerdem Alkoholverbote. Diese Öffnungsklausel reicht weit: Theoretisch sind sogar Ausgangsbeschränkungen oder Schließungen von Schulen und Geschäften noch bis Mitte Dezember erlaubt, falls ein Land noch vor dem Auslaufen der epidemischen Lage am Donnerstag solch gravierende Maßnahmen verfügt.

Zwei Länder planen zumindest schnelle Schritte, die mindestens teile dieser Öffnungsklausel umfassen. In Sachsen und in Bayern kündigen die Ministerpräsidenten fast wortgleich einen „harten, klaren Wellenbrecher“ an. Er soll Kontaktbeschränkungen beinhalten, mindestens für Ungeimpfte. Bayerns Koalition redet heute darüber, am Dienstag soll ein Landtagsbeschluss folgen.

Für die Unionspolitiker, die härtere Maßnahmen wollten, ist das ein größerer Instrumentenkasten. Hinzu kommt: Schon am 9. Dezember schalten sich Bund und Länder wieder zusammen, das riecht nach Verschärfungen. Auch deshalb bröckelt der angedrohte Widerstand der Unionsländer im Bundesrat. Als erster schert der Bayer Markus Söder aus, wenn auch zähneknirschend: Er kündigt ein Ja im Bundesrat an. Das Gesetz sei besser als nichts, und viel besser als der erste Entwurf. Ebenso planen es Schleswig-Holstein, Sachsen und NRW.

M. BEYER/C. DEUTSCHLÄNDER

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