Berlin – Die Koalitionsverhandlungen von SPD, Grünen und FDP biegen offenbar in eine Zielgerade ein. Laut SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz sind sie voll im Zeitplan. Es gebe „sehr gute, sehr konstruktive Gespräche, die auch schnell vorankommen“, sagte Scholz der Deutschen Presse-Agentur. Grünen-Chefin Annalena Baerbock räumte zeitweilige Probleme ein: „Wir hatten die Nase auch mal richtig voll, weil wir das Gefühl hatten, für den Klimaschutz sind nur die Grünen verantwortlich.“
Die Ampel-Parteien hatten angekündigt, dass in dieser Woche ein Koalitionsvertrag vorgelegt werden soll. Zum Auftakt der Koalitionsgespräche am 21. Oktober hatten sie das Ziel ausgegeben, dass Scholz in der Nikolauswoche ab dem 6. Dezember zum Kanzler gewählt und seine Regierung vereidigt wird.
Scholz sparte in seiner Rede auf dem Parteitag der SPD Brandenburg in Schönefeld nicht mit großen Worten. „Es finden sich neue Freunde, die SPD, die Grünen und die FDP. (…) Da wächst was zusammen, was zusammenpasst“, sagte er in Anlehnung an ein Zitat von Ex-Bundeskanzler Willy Brandt (SPD). Dieser hatte nach dem Fall der Berliner Mauer 1989 gesagt: „Jetzt wächst zusammen, was zusammen gehört.“
Scholz lobte die Atmosphäre der Verhandlungen. Es stimme „menschlich alles“, sagte er. „Das ist ja auch wichtig, wenn man sich vornimmt, nicht nur einen Koalitionsvertrag zu schreiben, sondern auch eine Regierung zu bilden und das gut zu machen die vielen Jahre.“
Für die Grünen waren die Gespräche aber zeitweise schwierig. Baerbock sagte auf dem Parteitag der Brandenburger Grünen in Potsdam, es gebe Bereiche, in denen „diese Farbkonstellation einen wirklichen Aufbruch schaffen wird“. Sie machte aber auch deutlich: „Klar ist, dass Klimaschutz kein einzelnes Kapitel in diesem Koalitionsvertrag sein kann.“
Klimaneutralität müsse die Leitlinie für jeden Politikbereich sein, nicht nur für ein Umweltressort, sondern auch für die Landwirtschaft, für den Verkehr und vor allen Dingen auch für Wirtschaft und Industrie, sagte Baerbock. Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner sprach von „brutal anstrengenden“ Verhandlungen. „Wir haben bereits viel erreicht.“ Er hoffe, dass man in der neuen Woche das Ergebnis lesen könne.
Dem Vernehmen nach wurde auch am Wochenende verhandelt. Derzeit beraten die Hauptverhandler die Ergebnisse der fachpolitischen Arbeitsgruppen. Das Spitzenteam soll noch bestehende Konfliktpunkte beilegen. Zudem steht noch die Verteilung der Ministerposten an – traditionell werden Personalien am Ende von Koalitionsgesprächen geklärt. Am Wochenende kursierten bereits Listen mit Namen – offiziell bestätigt wurden sie aber zunächst nicht.
Laut „ntv“ ist zum Beispiel im Gespräch, dass Svenja Schulze (SPD) das Wirtschaftsressort übernimmt. Grünen-Chef Robert Habeck wäre Klimaminister. Christian Lindner (FDP) bekäme Finanzen, Annalena Baerbock (Grüne) Äußeres, Christine Lambrecht (SPD) Innen, die Oberbayerin Bärbel Kofler (SPD) wurde als Entwicklungshilfeministerin genannt, Anton Hofreiter (Grüne) für Verkehr, Katrin Göring-Eckardt (Grüne) für Familie. Das Agrar-Ressort würde zerschlagen. Verteidigung ginge an die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann, überraschenderweise Gesundheit ebenso an die Liberalen: Michael Theurer.
Scholz sieht in der Ampel nicht nur ein Bündnis für eine Periode. „Wir wollen daraus ja eine längere Geschichte werden lassen, wenn die Kanzlerwahl jetzt stattgefunden hat, und das bedeutet, dass man sich auch miteinander die ganze Zeit so aufführt wie eine Regierung, die das Land gut regiert.“ Ähnlich äußerte sich FDP-Chef Lindner.
SPD: Bärbel Kofler auf Ministerliste