WIE ICH ES SEHE

Grün bleibt die Hoffnung

von Redaktion

Mit dem 1. Advent an diesem Wochenende beginnt das neue Kirchenjahr und die Vorbereitung auf das Weihnachtsfest. Das Weihnachtsgeschenk unserer kommenden Ampel-Regierung aber ist als 177 Seiten langes Koalitionspapier schon verpackt.

Ja, unsere Politik wird noch grüner, als sie ohnehin schon war, doch angesichts des nicht zu leugnenden Klimawandels mit seinen Gefahren für die Umwelt ist das Ziel eines Kohleausstiegs schon Ende 2030 und ein erstrebter Anteil der erneuerbaren Energien von 80 Prozent ein ehrenwertes Bekenntnis. Deutschland will vorangehen bei der Rettung der Welt und Einhaltung des Pariser Klimaabkommens.

Gut ist auch, dass – anders als im Wahlkampf – Verteidigung und Außenpolitik Eingang in den Koalitionsvertrag gefunden haben. Bei der Uno-Verhandlung über ein generelles Verbot von Atomwaffen will man als „Beobachter“ dabei sein. Die viel wichtigere Nachricht aber ist, dass es ausdrücklich bei der für unsere Sicherheit so wichtigen nuklearen Teilhabe bezüglich der bei uns lagernden US-Atomwaffen bleiben wird. Auch das Bekenntnis zum Nato-Rüstungsbeitrag in Höhe von zwei Prozent des Bruttosozialproduktes ist in der Vereinbarung zumindest angesprochen. Es hätte vielleicht deutlicher ausfallen können. Ebenso haben sich die Ampelkoalitionäre eine festere Linie gegen Russland und insbesondere China gegeben, einschließlich der Unterstützung der Stellung Taiwans in internationalen Gremien.

Besonders positiv heben sich die Vorschläge zur leichteren Einbürgerung von Familien und überhaupt die Regelungen für Eingewanderte ab. Endlich sollen sie arbeiten dürfen und auch den schon lange geforderten „Spurwechsel“ von Asylantrag zur Arbeits-Einwanderung vornehmen können.

In der Umsetzung dieses Politikgemäldes aus 52 000 Worten aber werden die eigentlichen Probleme liegen. Der deutsche Kohleausstieg ist ebenso schwierig wie teuer. Wo Länder wie China und Indien ihren Kohleabbau sogar drastisch verstärken, bringt er fast nichts. Der Mittelweg wäre richtig, moderne Technologien weiterzuentwickeln, um den Abschied von fossilen Energien weltweit möglich zu machen. Kernenergie bis zum Fusionsreaktor ist hier gefragt neben anderem. Hier sollten deutscher Erfindergeist und deutsche Ingenieurkunst in der Welt führen.

Dass die Koalitionäre die Droge Cannabis zulassen wollen und dazu das Verbot der Werbung für Abtreibungen aufheben möchten, mag man mit gutem Willen vom liberalen Standpunkt her verstehen. Dass aber gleichzeitig neue Verbote zum Beispiel der Werbung für „schädliche“ Nahrungsmittel wie in anderen Bereichen aufgestellt werden sollen, ist ein sehr befremdlicher Kontrast. Er belegt, dass diese so schön gemalte grün-liberale neue Welt auf dem dünnen Eis ideologischer Gegensätze gleitet. Wie leicht kann das einbrechen. Der neue Bundeskanzler Scholz wird es nicht leicht haben, als „Weltkind in der Mitten“ die Propheten von links wie von rechts zusammenzuhalten. Dazu kommt ein Bundestag mit vielen Mitgliedern, die weit links von dem stehen, was jetzt vereinbart wurde. Aber Politik ist eben immer nur die Kunst des Möglichen, und trotz aller Gefahren haben wir allen Grund, dieser neuen Regierung Glück und Erfolg zu wünschen.

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VON DIRK IPPEN

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