Außenministerin Baerbock

Moral-Falle Außenpolitik

von Redaktion

KLAUS RIMPEL

Hans-Dietrich Genscher und Joschka Fischer waren die beliebtesten Minister ihrer Zeit. Daraus abzuleiten, dass das Außenamt der ideale Ort in der Politik ist, um beliebt zu werden, wäre ein Fehlschluss – wie zuletzt Heiko Maas bewies. Genschers Popularität hing damit zusammen, dass die klare Ost-West-Konfrontation die damalige Außenpolitik bestimmte. Die heutige Welt ist ungleich komplexer – und deshalb kommen auf die neue Amtsinhaberin Annalena Baerbock Herausforderungen zu, die die Grünen vor Zerreißproben stellen werden.

Ob Baerbock eine große Außenministerin werden kann, wird auch davon abhängen, inwiefern sie sich von moralisierenden Politikvorstellungen in ihrer Partei lösen kann – so wie Fischer damals die Pazifisten in seiner Partei auf dem Bielefelder Parteitag 1999 in die Realpolitik schubste und das Ja zum Kosovo-Krieg durchsetzte.

Fischer bewies, dass es in der Außenpolitik auf Haltung ankommt, nicht auf den moralischen Zeigefinger. Das wird Baerbock in der Klimapolitik zu spüren bekommen: Ohne China werden die für die weltweiten CO2-Ziele nötigen Veränderungen nicht zu bekommen sein. Wie verträgt sich das mit einem Olympia-Boykott? Rohstoffe, die für Batterien, Wind- und Solaranlagen nötig sind, liegen auch nicht nur im Boden lupenreiner Demokraten. Die Doppelmoral ist die hässliche Schwester der Diplomatie. Das Außenministerium kann für die Grünen zur Glaubwürdigkeits-Falle werden.

Klaus.Rimpel@ovb.net

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