Frostiger Wechsel im Verteidigungsministerium

von Redaktion

AKK bleibt militärischen Ehren für Lambrecht fern: Offenbar Streit um Umgang mit Mitarbeitern

Berlin – So schneidig wird die Macht nirgends sonst übergeben. Die Ehrenformation des Wachbataillons empfängt die neue Verteidigungsministerin vor dem Haus. Das Stabsmusikkorps des Heeres marschiert am samtroten Podest vorbei, der Generalinspekteur salutiert minutenlang reglos. So frostig wird die Macht aber sonst auch nirgends übergeben. Denn Christine Lambrecht (SPD) steht da allein neben dem obersten General: Ihre Vorgängerin Annegret Kramp-Karrenbauer boykottiert die feierliche Amtsübergabe.

Während überall sonst, sogar im Kanzleramt, kiloweise Blumensträuße überreicht und über Parteigrenzen hinweg Nettigkeiten ausgetauscht werden, läuft die Übergabe im Verteidigungsressort eisig. Hintergrund ist offenbar ein kurzer, heftiger Disput der alten mit der neuen Ministerin. Die „FAZ“ berichtet, Kramp-Karrenbauer bleibe der Veranstaltung aus Groll über Lambrechts Personalpolitik fern. Die neue Ministerin habe alten AKK-Vertrauten schon vor Amtsantritt ultimativ ausrichten lassen, schnellstens – bis Donnerstagmittag – ihre Büros zu räumen. Der langjährige Staatssekretär Gerd Hoofe wurde so abserviert. Die SPD-Ministerin bringe dafür Vertraute aus ihrem vorigen Justizministerium mit, von denen manche sehr rasch und unkonventionell befördert worden seien. Sofort tauscht Lambrecht zudem den Pressechef des Ministeriums aus.

Nach außen bemüht man sich, den Eklat kleinzuhalten. Das Ministerium verbreitet ein Foto von einem angeblichen Übergabe-Gespräch mit AKK. Nach den militärischen Ehren hält Lambrecht eine kurze Ansprache im Bendlerblock, dem Verteidigungsministerium, räsoniert über Verantwortung und beendet den Auftritt rasch. Noch ist eine gewisse Fremdheit zu spüren. Lambrecht war ja von der Berufung selbst überrascht worden, wollte eigentlich Innenministerin werden. Für Kramp-Karrenbauer, die sich aus der Politik zurückzieht und ihren Platz im Bundestag für Jüngere freimacht, soll nächste Woche ein feierlicher Zapfenstreich folgen.

Leichter tun sich am Donnerstag zwei Partner mit dem Wachwechsel. Der neue Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) übergibt sein altes Finanzministerium – an Christian Lindner, FDP. „Es ist eine tolle Aufgabe“, sagt Scholz: „Ich war gerne Bundesminister der Finanzen und ich bin sicher, du wirst es auch gerne sein.“ Lindner versichert die neuen Mitarbeiter seines Respekts. Er komme „mit eigenen Vorstellungen und Ideen, aber auch mit großer Demut und Respekt“. Von der „großen hier im Haus gespeicherten Kompetenz“ wolle er gern profitieren. Ein Detail jenseits der Parteipolitik: Der langjährige beamtete Haushalts-Staatssekretär Werner Gatzer, seit drei Jahrzehnten im Haus, darf bleiben. Zu Lindners Team zählt mit der parlamentarischen Staatssekretärin Katja Hessel (FDP) auch eine Bayerin.

Offiziell im Amt ist zudem ein neuer Regierungssprecher. Steffen Hebestreit, früher Journalist und zuletzt Sprecher in Scholz’ Finanzministerium, übernimmt den Posten von Steffen Seibert. FDP und Grüne stellen ihm je einen Vize-Sprecher zur Seite.

CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER

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