Keine schärferen Weihnachts-Regeln

von Redaktion

VON SEBASTIAN HORSCH UND MARCUS MÄCKLER

München – Querkopf, Salzverweigerer und neuerdings Gesundheitsminister – Karl Lauterbach ist vieles, aber kein Rechthaber. An seinem ersten Abend im neuen Amt trat der Nachfolger von Jens Spahn im „heute journal“ auf und sagte glasklar: „Die Impfung ist nur abgeschlossen, wenn man drei Mal geimpft wurde.“ Das sei die neue Realität, um vor der neuen Variante Omikron einigermaßen geschützt zu sein – zwei Impfungen würden die Krankheit aber wohl zumindest schon abmildern.

Eine bemerkenswerte Aussage für einen Politiker, der Anfang August noch von einer Auffrischungsimpfung für alle abgeraten hatte. Aber Lauterbach ist eben immer noch ein bisschen mehr Wissenschaftler als Politiker. Wenn sich die Sachlage ändert, ändert er seine Meinung. Und in einer Pandemie ändert sich die Sachlage oft.

Der neue Minister wird von einem Teil der Deutschen nahezu verachtet. Denn Lauterbach warb schon früh immer wieder für Kinderimpfungen und mahnte beharrlich zur Vorsicht, als alle schon das Ende der Pandemie feiern wollten. Mal lag er falsch, mal lag er richtig. Doch darum, ob sich eine Botschaft politisch verkaufen lässt, hat er sich nie geschert. Er stößt die Menschen vor den Kopf. Gleichzeitig darf es aber auch Mut machen, wenn einer, der nicht zur Schönfärberei neigt, sein Ministerium mit den Worten einschwört: „Wir werden es mit diesem Haus schaffen, diese Pandemie zu Ende zu bringen in den nächsten Monaten.“

Um das zu erreichen will der neue Minister nun erst einmal durchzählen. Lauterbach plant noch diese Woche eine Impfstoff-Inventur. „Wir haben die Grundlage für 30 Millionen Impfungen bis zum Jahresende“, sagte er dem „Spiegel“. Ziel sei es nun, zu sehen, „wie viele von diesen 30 Millionen wirklich verimpft werden können“. Dazu werde geprüft, welche Impfdosen wo gelagert werden, welche Verträge zum Kauf weiterer Dosen bereits geschlossen wurden, wie es mit Lieferungen für Januar aussehe und welche bilateralen Verträge möglich seien.

Das Ziel von 30 Millionen Impfungen bis Weihnachten hatten Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die Länder vergangene Woche ausgegeben. Gestern trat die Runde wieder virtuell zusammen, ohne Angela Merkel, dafür mit dem neuen Kanzler. Er sei ja schon lange in wechselnden Rollen dabei, sagt Scholz bei der Pressekonferenz am Abend. Das helfe, die verschiedenen Perspektiven zu verstehen. „Aber so ganz anders als sonst war’s nicht.“

Gemessen an der Dauer der Beratungen sind die Beschlüsse, die Scholz, Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) und NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) vorstellen, sehr überschaubar. Für Weihnachten sind vorerst keine zusätzlichen Auflagen geplant. Man wolle die Lage aber ganz genau beobachten. Nächste Woche sollen der neue Expertenrat und der Krisenstab zusammenkommen. Notfalls, betont Scholz, seien auch kurzfristig neue Entscheidungen möglich.

NRW-Regierungschef Wüst fordert, bei der Umsetzung der Impfpflicht Tempo zu machen. Wegen er neuen Omikron-Variante gebe es Zweifel unter Experten, ob die geltenden Schutzmaßnahmen ausreichten, sagt er. Die berufsbezogene Impfpflicht, etwa für das Personal in Kliniken und Pflegeheimen, müsse „so schnell wie möglich“ kommen. Auch die Diskussion über eine allgemeine Impfpflicht müsse zügig laufen.

Wüst fordert zudem eine gemeinsame Medikamentenstrategie gegen Corona. Da sei er einer Meinung mit dem Gesundheitsminister. Lauterbach war der Runde zugeschaltet. Nach den Drohungen gegen einzelne Politiker fordern die Ministerpräsidenten zudem eine schärfere Regulierung von Messenger-Diensten wie Telegram.

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