München – Die Politik nimmt Ärzte und Pflegekräfte in die Pflicht. Mit den Stimmen der Ampel-Parteien sowie der Union beschließt der Bundestag am Freitag eine begrenzte Impfpflicht in Einrichtungen mit schutzbedürftigen Menschen. In Pflegeheimen und Krankenhäusern müssen Beschäftigte somit ab 15. März nachweisen, dass sie geimpft oder genesen sind. Auch der Bundesrat stimmt mittags zu.
Für die bayerischen Vertreter von Kliniken, Ärzten und Pflege ist das ein richtiger Schritt – doch dabei dürfe es nicht bleiben, betonen sie alle. „Eine ausschließlich einrichtungsbezogene Impfpflicht erhöht den Druck auf die dort Beschäftigten unnötig, obwohl gerade sie seit vielen Monaten unter größter Belastung die Versorgung weiter sicherstellen“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung betroffener Verbände. Es sei deshalb geboten, „die Impfpflicht zügig auch auf die gesamte Bevölkerung auszudehnen“.
Genau darüber soll zeitnah der Bundestag befinden. In einer Gewissensentscheidung – frei von Fraktionszwängen – sollen die Abgeordneten über die heikle Frage abstimmen. Danach könnte die Entscheidung schnell umgesetzt werden, hieß es – Bund und Länder fassten zuletzt den Februar kommenden Jahres als möglichen Einführungstermin ins Auge.
Doch inzwischen werden Zweifel an diesem Zeitplan laut. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hat bereits gesagt, dass er keinen Grund zur Eile sieht. Im Raum steht zudem die Frage, warum die Ampel eine einrichtungsbezogene Impfpflicht einführt, die erst ab 15. März greift, wenn doch schon vorher eine allgemeine Impfpflicht beschlossen sein soll? Das fragen sich auch die Ministerpräsidenten und forderten am Donnerstag Aufklärung von Kanzler Olaf Scholz (SPD), ob die Entscheidung über eine allgemeine Pflicht verschoben werde.
Ein Grund für eine parallele Planung könnte natürlich darin liegen, dass niemand sicher weiß, wie sich die Abgeordneten entscheiden – insbesondere wenn sich die Corona-Lage bis zur Abstimmung entspannen sollte. Wird die Impfpflicht für alle abgelehnt, würde sie so zumindest in Kliniken und Pflegeheimen kommen. Doch hinter den Kulissen ist auch zu hören, die Gewissensentscheidung im Parlament könne mit einem komplexeren Verfahren einhergehen, das möglicherweise zu Verzögerungen führe.
Aus den Ländern wird bereits vor einem Aufschieben der heiklen Frage gewarnt. Die Beratung über die allgemeine Impfpflicht dürfe sich nicht verzögern, betont Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU). Wegen der vierten Corona-Welle brauche es Tempo, um vor allem ältere Menschen zu schützen. Und Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) sagt unserer Zeitung: „Es ist wichtig, dass die Entscheidung über eine generelle Impfpflicht bald fällt – auch als Signal an das Personal in den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen.“
Der neue Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat derweil schon einmal durchblicken lassen, wie im Falle einer möglichen allgemeinen Impfpflicht der Umgang mit denen aussehen könnte, die sich dennoch weigern. „Ins Gefängnis muss niemand“, sagt der SPD-Politiker dem „Spiegel“. „Aber die Verhängung von Bußgeldern ist unvermeidbar.“ Zur Höhe der Strafen sagt Lauterbach, man müsse mit Psychologen und Ökonomen reden, „ab wann Strafen eine Wirkung erzielen“. Wenn jemand nicht zahle, müssten die Bußgelder „empfindlich erhöht werden“.