Athen – 20 Tage nach der Ankündigung einer ab Mitte Januar geltenden Impfpflicht gegen das Coronavirus für die über 60-Jährigen haben nur knapp ein Viertel der Senioren in Griechenland entweder einen Termin für den ersten Stich vereinbart oder ihn sich bereits abgeholt. Der erhoffte Run auf die Impfung ist ausgeblieben. Doch wer sich nicht in den nächsten 25 Tagen impfen lässt, muss zahlen.
Der griechische Gesundheitsminister Thanos Plevris von der konservativen Regierungspartei Nea Dimokratia (ND) teilte die offiziellen Zahlen des Impffortschritts bei den Ü60 mit. „Mit Stand von Ende November hatten 580 000 Menschen der über 60-Jährigen noch keine Impfung erhalten. 120 000 Personen dieser Altersgruppe haben einen Impftermin vereinbart oder sich impfen lassen. Weitere 20 000 Senioren wollen sich zuhause spritzen lassen. Das sind in Summe 140 000 Personen“, sagte Plevris dem privaten Athener Fernsehsender „Skai“.
Die Impfpflicht der Ü60 hatte der griechische Premierminister Kyriakos Mitsotakis am 30. November angekündigt. Griechenland ist das erste EU-Land mit einer altersbezogenen Impfpflicht.
Wer der Impfpflicht nicht bis zum 16. Januar nachkommt, muss eine Geldbuße in Höhe von 100 Euro pro Monat zahlen. Das ist für griechische Verhältnisse durchaus happig. Die Rente beträgt im Schnitt 730 Euro.
Unterdessen steht die Regierung Mitsotakis wegen ihres schlechten Pandemiemanagements in Hellas unter Druck. Das Fass zum Überlaufen hatte in diesen Tagen die Veröffentlichung einer Studie des Athener Chefepidemiologen Sotiris Tsiodras gebracht. Er ist Chefberater der Regierung Mitsotakis in Sachen Corona.
Der Studie zufolge könne das griechische Gesundheitssystem lediglich bis zu 400 Corona-Intensivpatienten angemessen versorgen. Darüber hinaus steige die Sterblichkeit unter den Corona-Patienten massiv an, so die Studie.
Brisant: In Griechenland liegen aktuell jedoch 662 Corona-Patienten auf der Intensivstation. Der Höchststand wurde am 5. Dezember mit 715 Corona-Intensivpatienten erreicht.
Seit Wochen sterben in Hellas täglich rund einhundert Menschen an oder mit Corona. Das ist im internationalen Vergleich gemessen an der griechischen Gesamtbevölkerung eine sehr hohe Zahl. Kritiker monieren, Griechenland sei in der vierten Infektionswelle seit Ausbruch der Corona-Pandemie zu „Europas Todes-Hochburg“ verkommen.
Der Athener Oppositionsführer und Ex-Premier Alexis Tsipras forderte am Samstag bei einer Rede im Athener Parlament nicht zuletzt wegen der brisanten Tsiodras-Studie erstmals den Rücktritt von Mitsotakis und vorgezogene Neuwahlen.
Bereits seit 1. September gilt eine Impfpflicht für das Gesundheitspersonal. Ungeimpfte Ärzte, Krankenpfleger, Verwaltungsangestellte und Sanitäter im Rettungsdienst sind vom Dienst suspendiert und erhalten weder ein Gehalt noch Sozialleistungen. Erst erklärte das Oberste Verwaltungsgericht in Athen die Regelung für rechtens. FERRY BATZOGLOU