München – Generalmajor Carsten Breuer ist Katastrophen gewohnt. Er diente im Kosovo und in Afghanistan. Nach der Flut im Juli rückte er mit Soldaten ins zerstörte Ahrtal an. Diesmal ist Breuer auf einer Intensivstation in der München Klinik Schwabing im Einsatz. 28 schwer -erkrankte Corona-Patienten werden dort behandelt. Corona habe das ganze Krankenhaus fest im Griff, sagt Klinik-Chef Axel Fischer dem neuen Corona-Manager des Landes.
„Wir stehen bereit“, sagt Breuer. Seit dem 1. Dezember ist der 57-Jährige Leiter des neuen Corona-Krisenstabs. Er soll das schaffen, woran Politiker im vergangenen Jahr immer wieder gescheitert sind: beim Impfen Tempo machen. Pragmatisch, zügig, zielgerichtet – wie im Militäreinsatz.
Bisher saß der Corona-Krisenstab im Innen- und Gesundheitsministerium. Jetzt unterliegt er direkt Olaf Scholz – und Breuer hat sein Büro im Kanzleramt schon eingerichtet. So könne das Krisenmanagement ressortübergreifend funktionieren, meint Breuer. Er sieht sich als Mittler zwischen den Ministerien, will aber auch den Knoten zwischen Bund und Ländern lösen.
Als Soldat habe er gelernt: „Man muss immer dort sein, wo der Schwerpunkt ist.“ Bayern hat in den vergangenen Wochen „im Zentrum der Pandemie“ gestanden, sagt er – deshalb sei München einer seiner ersten Einsatzorte als Krisenmanager.
„Die Länder sind die tragenden Säulen in der Impfstrategie“, sagte er nach einem Gespräch mit Bayerns Ministerpräsidenten Markus Söder. Deutschlandweit seien im vergangenen Monat 28 Millionen Impfdosen verabreicht worden – eine Pause zwischen den Feiertagen soll es nicht geben, Breuer will noch bis Ende dieses Jahres die 30 Millionen knacken. Und noch mal 30 Millionen als Zielmarke für Ende Januar setzen.
Lagen beurteilen, auf wechselnde Situationen reagieren, umsetzbare Lösungen finden – das seien Dinge, „die Militärs vielleicht besonders gut können“, meint Breuer. Oder im Klartext: Vielleicht kann er es besser als Spitzenpolitiker in zähen Videokonferenzen. Das Militär habe ein „höheres Maß an Objektivität“, ergänzt Söder. Weil man nicht so sehr in politische Prozesse eingebunden sei.
In Italien steht das Militär schon länger an der Spitze des Corona-Managements: General Francesco Paolo Figliuolo gilt als Retter der Impfkampagne – mehr als 88 Prozent der Menschen über zwölf Jahre sind dort bereits geimpft.
Ob nun hierzulande Breuer zum Held der Pandemie wird? Erfahrungen in der Pandemiebekämpfung hat er jedenfalls. Als Kommandeur des Kommandos „Territoriale Aufgaben“ ist er für alle Inlandseinsätze zuständig: Seit 2020 hat er deshalb tausende Soldaten in Gesundheitsämter, Pflegeeinrichtungen und Krankenhäuser geschickt. Er baute die ersten Impfzentren auf, die 24 Stunden geöffnet hatten und steuerte die Verteilung von Impfstoffen.
„Ich möchte es erreichen, dass wir in jeder Woche genau wissen, wie viel Impfstoff für die kommende Woche verfügbar ist“, verspricht Breuer. Transparenz sei dabei „eine der wesentlichen Aufgaben“: Erst kürzlich beklagte Gesundheitsminister Karl Lauterbach kurz nach seinem Amtsantritt einen Mangel an Impfstoff. Solche Überraschungen soll es in Zukunft nicht mehr geben. „Arztpraxen müssen sehr genau Termine zum Impfen vereinbaren können“, sagt Breuer.
Auch wenn der General ausgerechnet als Nicht-Politiker das Corona-Management übernehmen soll – einen kurzen Draht zu Spitzenpolitikern wie Ursula von der Leyen (CDU) hat er allemal. Auch Olaf Scholz überzeugte er bei einem persönlichen Treffen nach der Flutkatastrophe von seinen Kompetenzen. Jetzt ist der Feind weder Hochwasser noch Terrorist. „Die Omikron-Variante ist auf dem Vormarsch“, sagte Breuer gestern in der München Klinik, „und darf uns nicht unvorbereitet treffen.“