Weihnachten ist unter allen Festen im Jahreskreis dasjenige, zu dem auch kalte Herzen sich öffnen im Zeichen der Liebe. Davon handeln auch unsere Weihnachtsgeschichten, angefangen bei dem berühmten „A Christmas Carol“ von Charles Dickens.
Der Geldverleiher Ebenezer Scrooge, ein alter grantiger Geizhals, erhält Besuch in der Weihnachtsnacht von seinem verstorbenen Teilhaber Jacob Marley und von drei weiteren Geistern. Die verhelfen ihm schließlich dazu, sein Leben und sein Sozialverhalten gegenüber den Ärmeren zu ändern. Dickens ging es darum, die satten Bürger aufzurütteln angesichts der großen sozialen Missverhältnisse der Viktorianischen Zeit.
Es ist kein Zufall, dass im gleichen Jahr 1846, als die Geschichte von Dickens erschien, auch die erste Weihnachtskarte in England gedruckt und zum Versand gebracht wurde. Sie zeigt in der Mitte eine große Familie im Wohlstand an der reich gedeckten Weihnachtstafel. Links und rechts daneben aber sieht man, wie von wohltätiger Hand die Hungrigen genährt und die Nackten bekleidet werden.
In Deutschland geht die Tradition, nach der Weihnachtsmesse Arme und Bettler zu bescheren, schon auf die Kaiser des Mittelalters zurück. Das schöne Weihnachtslied „O du fröhliche, o du selige, gnadenbringende Weihnachtszeit“ wurde erstmals gesungen 1815 in Weimar im „Rettungshaus für verwahrloste Kinder“. Gedichtet hat es der Weimarer „Waisenvater“ Johannes Daniel Falk (1768-1826). Nach dem Tode seiner sieben Kinder durch eine Typhusseuche gründete er dieses Waisenhaus für die Ärmsten der Armen. Wir dürfen gerne daran denken, wenn wir es bei unseren Weihnachtsfeiern oder unter dem Tannenbaum singen, dass es zuerst erklang bei der Bescherung armer Kinder in einem Waisenhaus.
Wie so viele Weihnachtslieder aus Deutschland, allen voran „Stille Nacht, heilige Nacht“ aus Salzburg, ist „O du fröhliche…“ um die Welt gegangen und in vielen Sprachen lebendig bis heute.
Eines unserer populärsten Weihnachtslieder „Adeste fideles“ dagegen hat keinen sozialen Hintergrund. Wie das schöne „Es ist ein Ros entsprungen“ geht es auf den Kern des Weihnachtsgeschehens zurück, die Geburt in Bethlehem. In der deutschsprachigen Version gibt es gleich zwei maßgebliche Übersetzungen. Als „Nun freut euch ihr Christen“ von Joseph Mohr findet es sich im katholischen „Gotteslob“. Als „Herbei, o ihr Gläubigen“ von Friedrich Heinrich Ranke steht es in den evangelischen Gesangbüchern. Die Gelehrten streiten darüber, ob zum ursprünglichen lateinischen Text der französische Priester Abbé Borderies (1774-1832) oder der englische Organist John Redding (1645-1692) am meisten beigetragen hat.
In der englischen Version „O come all ye faithful, joyful and triumphant…“ ist das Lied bis heute am meisten verbreitet und dazu sogar in die moderne Pop-Art- und Schlagerwelt eingegangen.
Alle Formen des Liedes aber enthalten die Kernbotschaft des Weihnachtsfestes, nämlich die Forderung, Jesu Geburt zu feiern. Das tun wir in diesen kommenden Weihnachtstagen. Der Bericht des Evangelisten und die vertrauten Lieder geben uns eine Geborgenheit wie in den Kindertagen. Frohe Weihnachten!
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