Die Union in der Opposition

Vorsicht vor der Fußangel

von Redaktion

CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER

Mit zusammengebissenen Zähnen nuschelt die Union ihre Zustimmung zur zweiten Amtszeit des Bundespräsidenten Steinmeier. Kein Hauch von Inbrunst, woher auch, sondern nur die Einsicht, es nicht mehr ändern zu können. Schön fühlt sich das nicht an. Trotzdem haben Markus Söder und Friedrich Merz Recht, keine Zählkandidatin in die Bundesversammlung zu schicken und für ein paar dicke Schlagzeilen untergehen zu lassen.

Die Balance zu finden zwischen schrill und seriös: Das ist eine Grundaufgabe in der Opposition, nicht nur bei dieser Personalie. Krawall ist nicht die bessere Strategie – kurzfristig nicht in der Pandemie, langfristig nicht angesichts der immer einen Ton schrilleren Opposition der radikalen Linken und Rechten. Die Union kann und soll sie nicht übertönen. CDU und CSU im Bund müssen stattdessen ihre Rolle neu finden als liberale, konservative, konstruktive Kraft. Sie müssen einrechnen, dass viele Menschen aus der Mitte keinen natürlichen Zorn auf die Ampel hegen (anders als beim Linksbündnis), sondern ihr mit abwartender Neugier eine Chance geben wollen.

Vielleicht baut sich da langsam was auf an enttäuschter Erwartung, an persönlichem Erschrecken – man denke an die explodierenden Energiepreise oder eine neue Migrationsbewegung. Die Union sollte ihre Kritik skalieren. In der Zwischenzeit muss sie sehr sorgfältig ihre gefährlichste Fußangel abstreifen. Derzeit klingt jede Forderung aus CDU und CSU seltsam hohl gegen den Hinweis: Was wollt ihr denn, ihr habt doch 16 Jahre regiert.

Christian.Deutschlaender@ovb.net

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