GEORG ANASTASIADIS
Gerade mal vier Wochen ist die Kanzlerin weg, da wird Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus schon von nostalgischen Gefühlen übermannt. Unter Angela Merkel sei es in der Pandemiebekämpfung viel besser gelaufen als unter ihrem Nachfolger Olaf Scholz, findet der aktuelle Oppositionsführer. Ach ja? Das Debakel bei der Impfstoffbeschaffung – schon vergessen? Die beiden mit Nichtstun vergeudeten Sommer, bevor sich im Herbst die neuen Wellen auftürmten – alles verdrängt?
Gut war die alte Regierung nur im Zusperren. Das hätte Brinkhaus jetzt auch gerne wieder: Die Gastronomie würde er gern ganz dichtmachen, auch geimpften Bürgern Treffen nur noch im kleinsten Kreis erlauben. Dem widersetzt sich die Ampelregierung, und zwar zu Recht. Solange eine Überlastung des Gesundheitssystems nicht absehbar ist, ist es richtig, wie von FDP-Chef Lindner gefordert auf „maßvolle“ Einschränkungen zu setzen.
Schon klar: Das muss, wenn sich die Lage weiter zuspitzt, noch nicht das letzte Wort gewesen sein. Aber jetzt schon wieder die Paniktrommel zu schlagen, wie Brinkhaus es tut, ist keine verantwortliche Politik, sondern plattes Oppositionsgeschrei. Nicht mal der alte Chef des Teams Vorsicht, Markus Söder, will da mehr mit einstimmen. Im Gegenteil: In Bayern will der CSU-Ministerpräsident zudem die bundesweite 2Gplus-Verschärfung für die Gastronomie vorerst nicht umsetzen. Gut so! 35 Millionen Bundesbürger sind erfreulicherweise mittlerweile geboostert. Vor allem die Älteren sollten damit einen gewissen Schutz gegen die zum Glück milder verlaufende Omikron-Variante aufgebaut haben. Das ist auch ein Verdienst des neuen Gesundheitsministers Karl Lauterbach, der, kaum im Amt, die Booster-Kampagne mit aller Macht vorangetrieben hat. Das war viel wichtiger, als jetzt hektisch wieder alles zuzusperren.
Georg.Anastasiadis@ovb.net