20 Jahre Guantanamo

Das amerikanische Armutszeugnis

von Redaktion

MIKE SCHIER

Aus dem öffentlichen Bewusstsein ist es längst verschwunden: Vor 20 Jahren, genau vier Monate nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001, wurde in Guantanamo Bay ein Spezialgefängnis eröffnet. Die Regierung von George W. Bush wollte an besonders gefährlichen Terroristen ein Exempel statuieren – und dem Rest der Welt eine klare Botschaft senden: Wer sich mit uns anlegt, muss mit der Hölle auf Erden rechnen. Die Bilder der gefesselten Häftlinge, die in orangenen Overalls auf dem Boden knieten, gingen um die Welt. In der Hochphase saßen hier Hunderte ein. Folter inklusive.

Es ist schon wieder 13 Jahre her, dass der junge Präsident Barack Obama die Schließung des Lagers als eine seiner ersten Amtshandlungen zu einem der großen Ziele seiner Präsidentschaft machte. Er scheiterte. Formal, weil sich nicht genügend Länder fanden, die die Gefangenen übernehmen und mit einem fairen Prozess versehen würden. Tatsächlich aber, weil Obama viele seiner hehren Ziele nur halbherzig verfolgte. Donald Trump hatte an der Schließung erst gar kein Interesse. Jetzt gibt es wieder Lippenbekenntnisse der Biden-Administration.

So existiert das Gefängnis also noch immer. 39 Häftlinge warten auf . . . Ja auf was eigentlich? Der mutmaßliche Drahtzieher des 11. September Chalid Scheich Mohammed sitzt seit 2004, ohne ein abschließendes Gerichtsverfahren erhalten zu haben. 28 andere sind nicht einmal angeklagt worden. Für eine große Demokratie wie die USA und die rechtsstaatlichen Prinzipien der westlichen Welt ist das ein einziges Armutszeugnis.

Mike.Schier@ovb.net

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