Boris Johnson steckt in Schwierigkeiten. Mal wieder. Diesmal hat er zugegeben, mitten im Lockdown an einem, nun ja, „Arbeitstreffen“ in Downing Street teilgenommen zu haben, bei dem in der Einladung dazu aufgerufen wurde, seinen eigenen Alkohol mitzubringen. Auf den ersten Blick scheint alles normal. Wie immer erregt sich die Opposition ganz furchtbar, wie immer gibt es Rücktrittsforderungen – und doch ist es anders als sonst. Diesmal könnte es eng werden für Johnson.
Bislang lebte der Premier geradezu davon, dass er seinen ganz eigenen Stil pflegt und auf Konversationen oder politische Korrektheiten pfeift. Hoher Unterhaltungswert, niedrige Skrupel-Schwelle. So regierte er London, drückte den Brexit durch und fuhr im vergangenen Jahr mit der EU Schlitten. Auf seiner Seite hatte er dabei nicht nur seine Partei, sondern vor allem die konservative Presse, die in Großbritannien besondere Macht hat. Es war nicht zuletzt deren Kampagne, die 2016 der Leave-Kampagne die Mehrheit im Brexit-Referendum verschaffte.
Diese Presse scheint Johnson verloren zu haben. Die „Sun“ bezichtigte ihn der Lüge, die „Daily Mail“ fragte: „Ist die Party vorbei für den Premierminister?“. Und der „Telegraph“ titelte: „Johnson verliert Unterstützung der Tories“. Das wiegt schwerer als alle Oppositionsreden.
Mike.Schier@ovb.net