Mutation mischt die Karten neu

Omikron: Chance für Europa, Gefahr für China

von Redaktion

GEORG ANASTASIADIS

Es ist nicht lange her, da ließ sich das Regime in Peking als strahlender Sieger in der globalen Corona-Pandemie feiern: Während der Westen unter der Last von vielen Toten und immer wütenderer Straßenproteste ächzte, herrschte in China, wo das Virus seinen weltweiten Seuchenzug begann, Ruhe. Die rigorose „Null-Covid-Strategie“ mit der monatelangen Abriegelung von Millionenstädten und der lückenlosen Überwachung der Menschen verhinderte die Ausbreitung des Virus, die Wirtschaft lief weitgehend ungestört weiter.

Doch das Auftauchen der hochansteckenden Omikron-Mutation hat auch im globalen Wettkampf der Systeme die Karten neu gemischt: In China steigt die Zahl der Neuinfektionen massiv, das Regime muss immer weitere Metropolen in den Lockdown schicken, ohne die Ausbreitung des Virus noch verhindern zu können. Pekings Null-Covid-Plan droht der Kollaps. Derweil ist Europa zu einer Strategie der „kontrollierten Durchseuchung“ übergegangen und wähnt sich am Ende der Pandemie: Hohe Impfquoten, eine höhere Zahl Genesener und die im Vergleich zu Delta verminderte Tödlichkeit von Omikron erlauben es, hohe Ansteckungszahlen zuzulassen und dadurch eine natürliche Immunisierung der Bevölkerung zu erreichen.

Europa lernt mit dem Virus zu leben, doch das geht nicht ohne Konflikte ab: Wie notwendig sind allgemeine Impfpflichten, wenn die vorhandenen Vakzine wenig treffsicher gegen Omikron sind und auch so die Hoffnung auf weniger dramatische Krankheitsverläufe wächst? Und welches Maß an Einschränkungen bleibt nötig, um ein zu steiles Auftürmen der Omikronwelle zu verhindern? Selbst Söders vorsichtiges Bayern rückt jetzt vom „Hotspot-Lockdown“ für Gebiete mit Inzidenzen über 1000 ab. Die Debatte wird unsere Gesellschaft weiter durchschütteln. Doch zeichnet sich immer klarer ab, dass Omikron zum Wendepunkt in der Pandemie wird: Für Europa ist die Mutation eine Chance. Für das lange triumphierende autoritäre China eine tödliche Bedrohung.

Georg.Anastasiadis@ovb.net

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