Berlin – In Deutschland sind im vergangenen Jahr so viele Asylanträge gestellt worden wie seit 2017 nicht mehr. Wie aus Zahlen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) hervorgeht, nahm die Behörde 2021 rund 190 800 Asylanträge entgegen. Rund 148 000 der Anträge betrafen Ausländer, die erstmalig in Deutschland einen Asylantrag stellten – dies ist der höchste Stand an Erstanträgen seit 2018. Etwa 17,5 Prozent der Erstanträge wurden eingereicht für Kinder im Alter von unter einem Jahr, die in Deutschland geboren wurden.
Dass mehr als 15 000 Syrer im vergangenen Jahr ein weiteres Mal einen Asylantrag stellten, dürfte auch mit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs zusammenhängen. Der hatte im November 2020 festgestellt, wer im Bürgerkriegsland Syrien den Wehrdienst verweigere, habe gute Aussichten auf die Anerkennung als Flüchtling in der EU. In vielen Fällen sei die Verweigerung Ausdruck politischer oder religiöser Überzeugung oder habe ihren Grund in der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe.
Hintergrund war ein Fall aus Deutschland, bei dem ein Wehrpflichtiger aus Syrien geflohen war, um den Dienst nicht antreten zu müssen. Das Bamf gewährte ihm jedoch nur subsidiären Schutz – und keinen Flüchtlingsstatus. Für subsidiär Schutzberechtigte ist die Möglichkeit des Familiennachzugs noch begrenzt. Die neue Bundesregierung will das aber ändern.
Das Bundesinnenministerium wies darauf hin, dass ein Vergleich mit den Asylzahlen des Jahres 2020 aufgrund der weltweiten Reisebeschränkungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie wenig aussagekräftig sei. Zu vermuten ist, dass 2021 einige Menschen in Deutschland einen Asylantrag gestellt haben, die dies schon früher vorhatten, aufgrund der Auswirkungen der Pandemie aber nicht dazu in der Lage waren. 2020 waren in Deutschland rund 122 000 Asylanträge gestellt worden. 2017 hatten mehr als 222 600 Menschen Schutz beantragt.
Die Liste der Hauptherkunftsländer von Asylbewerbern führte erneut Syrien an (70 000 Anträge). Zugenommen hat den Angaben zufolge die Zahl der Schutzsuchenden aus Afghanistan (31 000), das inzwischen wieder von den militant-islamistischen Taliban regiert wird. Die ehemaligen Ortskräfte der Bundeswehr und anderer deutscher Institutionen hatten vorab eine Aufnahmezusage erhalten und müssen daher nicht Asyl beantragen. Deutlich zugenommen hat laut Statistik die Zahl der Menschen aus Nordmazedonien (4500 Anträge).
21,4 Prozent aller Asylanträge wurden abgelehnt. Anderweitig erledigt haben sich 36,7 Prozent der Anträge: etwa durch eine Zuweisung in ein anderes EU-Land nach dem sogenannten Dublin-Verfahren. A. CLASMANN