Bischof zur Kirchenkrise

Alarmierender Weckruf

von Redaktion

CLAUDIA MÖLLERS

2022 könnte ein Jahr in der Geschichte der katholischen Kirche werden, in der ein fundamentaler Neubeginn markiert wird. Sie steckt in einer existenziellen Notlage – wie sehr, das hat jetzt der Bischof von Essen, Franz-Josef Overbeck, in außerordentlich klaren Worten beschrieben. Das schreckliche Unheil des sexuellen Missbrauchs verlange nach grundsätzlichen Veränderungen, vieles stehe massiv infrage. Es helfe nicht, mit Abwehrreflexen zu reagieren und den Veränderungswilligen böse Absichten zu unterstellen.

Kurz vor dem zweiten Missbrauchsgutachten, das am Donnerstag in München veröffentlicht wird und in dem der verhängnisvoll falsche Umgang mit einem Missbrauchstäter aus dem Bistum Essen – Pfarrer Peter H. – im Mittelpunkt stehen wird, redet Bischof Overbeck Klartext. Er fordert eine neue Ehrlichkeit. Der Zusammenbruch der bisherigen Strukturen sei fast unausweichlich. Im Bistum Essen ist das längst trauriger Alltag. Viele Kirchen wurden bereits geschlossen, es gibt kaum noch Priesternachwuchs. Kirche muss sich neu aufstellen, muss auch bislang Undenkbares in Betracht ziehen. Overbeck nennt es: gemeinsam etwas wagen – mit Gottvertrauen.

Angesichts des Entsetzens über den Missbrauch und dessen furchtbarer Vertuschung in der Kirche kann nur mit neuer Ehrlichkeit und dem Willen zu grundsätzlichen Veränderungen reagiert werden. Der eindrucksvolle Aufruf des Essener Bischofs muss als alarmierender Weckruf verstanden werden. Es gibt leider noch zu viele Amtsbrüder, die die Augen vor der Welt verschließen.

Claudia.Moellers@ovb.net

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