Baerbock auf heikler Ost-Mission

von Redaktion

Die Außenministerin reist in die Ukraine und nach Russland – in Moskau erwartet sie einen frostigen Empfang

Berlin/Moskau – Russlands Außenminister ist ein gefürchteter Gesprächspartner. Wenn Sergej Lawrow es für nötig hält, brüskiert er einen Gast auch mal vor laufenden Kameras. Wird Lawrow einen seiner berüchtigten diplomatischen Affronts inszenieren, wenn morgen die neue Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) erstmals bei ihm zu Besuch ist? Die Stimmung zwischen Berlin und Moskau ist momentan jedenfalls mindestens so frostig wie der russische Winter – ein Erfolg für die Ministerin wäre es schon, wenn Russland sich bereit erklärte, die diplomatischen Gespräche mit dem Westen fortzusetzen.

Baerbock ahnt, was auf sie zukommt. Gerade in Krisenzeiten sei Diplomatie dadurch gekennzeichnet, „dass es starke Nerven braucht“, sagte sie vor der Reise. Heute ist Baerbock zunächst in Kiew, um der Ukraine Unterstützung angesichts des russischen Truppenaufmarschs an der Grenze zuzusichern. Morgen wird sie dann in Moskau versuchen, die vergangene Woche mit Mühe gestarteten diplomatischen Gespräche am Leben zu erhalten.

Als Erfolg gilt in Berlin bereits, wenn überhaupt mit Russland gesprochen wird. Solange gesprochen wird, wird nicht geschossen – so das Kalkül. Angesichts der schwierigen Ausgangslage besteht momentan freilich die akute Gefahr des Aneinander-vorbeiredens – denn Russland stellt Forderungen, die darauf hinauslaufen, die Ukraine und andere Ex-Sowjetrepubliken einer neuen russischen Einflusszone in Osteuropa zuzuschlagen. Für den Westen ist das schlichtweg nicht verhandelbar.

„Putin will zurück in die Zeit des Kalten Krieges, als es zwei Blöcke gab“, sagt die Vorsitzende des Bundestags-Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP). „Er verfolgt seine Großmachtsfantasien, während die Mehrheit der Bevölkerung in Armut lebt.“

Eines der Ziele von Baerbocks Reise besteht darin auszuloten, welches Ziel Moskau mit seinem militärischen Säbelrasseln an der ukrainischen Grenze verfolgt. Denn auf die große Frage der gegenwärtigen Krisensituation gibt es noch keine schlüssige Antwort: Welche Ziele glaubt Kreml-Chef Wladimir Putin denn realistischerweise erreichen zu können?

So unklar Putins konkrete Ziele seien, so deutlich sei seine Strategie: Durch Unberechenbarkeit „maximalen Druck“ aufzubauen, sagt die Russland-Expertin Marie Demoulin vom European Council on Foreign Relations. Damit wolle er dem Westen Zugeständnisse abtrotzen. Für Demoulin ist klar, dass der Schlüssel für die Beilegung der Krise bei Putin liegt: „Ob die Gespräche fortgesetzt werden oder nicht, wird letztendlich von Wladimir Putin entschieden, und niemand weiß zum jetzigen Zeitpunkt, in welche Richtung er gehen wird.“

Der Reigen diplomatischer Gesprächsformate mit Russland in der vergangenen Wochen hat keine Ergebnisse gezeitigt, aber zumindest die Erkenntnis gebracht, wie weit die Positionen auseinanderliegen. Moskau hat zunächst kein Interesse an weiteren Gesprächen erkennen lassen. Die Bundesregierung ist nach Angaben einer Sprecherin aber „verhalten optimistisch“, dass sich Russland bald auf Ebene hoher Diplomaten an einem Gespräch im „Normandie-Format“ mit Deutschland, Frankreich und der Ukraine beteiligen könnte.

Strack-Zimmermann warnt allerdings davor, dem Kreml-Chef mit allzu vielen Zugeständnissen entgegenzukommen: „Putin testet aus, wie weit er gehen kann, er führt uns vor und zwingt uns das Narrativ auf, dass wir uns bewegen müssen.“ Der Außenministerin gibt sie einen Ratschlag mit auf die Reise: „Putin versteht nur glasklare Ansagen – inklusive der möglichen Folgen.“

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