Die Nato stärkt ihre Ost-Flanke

von Redaktion

Moskau/Brüssel – Im Ukraine-Konflikt nehmen die Spannungen zwischen Russland und dem Westen mit Nato, USA und EU weiter massiv zu. Die Nato bestätigte gestern Überlegungen der USA zu einer Truppenaufstockung in Bündnisstaaten in Osteuropa. Nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums wurden rund 8500 Soldaten in erhöhte Bereitschaft versetzt. Eine Entscheidung über eine Verlegung dieser Truppen nach Europa sei aber noch nicht getroffen worden. Zudem schicken mehrere Mitgliedstaaten Schiffe und Militärflugzeuge in Richtung Osten, wie das Bündnis in Brüssel mitteilte.

Die Außenminister der 27 EU-Staaten stellten der Ukraine Unterstützung bei der Militärausbildung in Aussicht. Russland machte dagegen den Westen für die erhöhten Spannungen in dem seit Jahren schwelenden Konflikt mit dem Nachbarland Ukraine verantwortlich. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg begrüßte, dass Bündnispartner zusätzliche Kräfte in die Nato einbringen. Konkret wurden Dänemark, Spanien, Frankreich und die Niederlande genannt.

So entsendet Dänemark den Angaben zufolge eine Fregatte in die Ostsee und vier F-16-Kampfflugzeuge nach Litauen. Spanien stellt Schiffe für die Nato-Seestreitkräfte bereit und erwägt die Entsendung von Kampfjets nach Bulgarien. Frankreich habe sich bereit erklärt, Truppen unter Nato-Führung nach Rumänien zu entsenden, teilte die Nato weiter mit. Die Niederlande schickten zudem ab April zwei F-35-Kampfflugzeuge nach Bulgarien und versetzten ein Schiff und landgestützte Einheiten für die Nato-Eingreiftruppe NRF in Bereitschaft. Aus Militärkreisen hieß es, es gehe vor allem darum, bereits lange vor den jüngsten Entwicklungen geplante Präsenzziele zu erreichen. Es gebe keine neuen Bündnisbeschlüsse zu Truppenaufstockungen.

Unterdessen prüft die Bundesregierung eine von Estland beantragte Genehmigung für eine Waffenlieferung an die Ukraine. Diese ist erforderlich, weil die Haubitzen aus DDR-Altbeständen mit Auflagen zunächst an Finnland verkauft und dann später von dort an Estland gegeben worden waren. „Es ist bisher keine Entscheidung dazu getroffen worden“, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann.

Einem Bericht der „New York Times“ zufolge erwägt auch US-Präsident Joe Biden, Kriegsschiffe und Flugzeuge im Baltikum und in Osteuropa zu verlegen. Dazu bestätigte das Weiße Haus die mögliche Verlegung tausender Soldaten.

Russland drohte gestern mit Konsequenzen. Der Kreml wies zuletzt immer wieder zurück, einen Überfall auf die Ukraine zu planen. Er warf dem Westen eine antirussische „Informationskampagne“ und „Hysterie“ vor. Die wachsende Gefahr eines „Überfalls“ gehe vielmehr von ukrainischer Seite auf die von prorussischen Separatisten kontrollierten Teile der Regionen Luhansk und Donezk aus, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. „Die Gefahr ist da, und sie ist jetzt sehr groß. Sie ist höher als früher.“ Die USA hatte zuletzt erklärt, russische Agenten könnten selbst einen solchen Überfall von ukrainischer Seite inszenieren, um dann einen Vorwand zu haben, in den Donbass einzumarschieren. Moskau wies das Szenario als absurd zurück.

Angesichts der Lage kündigten die USA an, ihre Botschaftspräsenz in der Ukraine zu verkleinern. Das Auswärtige Amt in Berlin finanziert Familienangehörigen von Mitarbeitern der deutschen Botschaft in Kiew eine freiwillige Ausreise. Regierungsvertreter in Kiew riefen gestern hingegenzur Ruhe auf. „Wir sehen zum heutigen Tag überhaupt keine Anhaltspunkte für die Behauptung eines großflächigen Angriffs auf unser Land“, sagte der Sekretär des nationalen Sicherheitsrats, Olexij Danilow. Für Kiew seien Truppenbewegungen auf russischer Seite im Gegensatz zum Westen keine erstaunliche Angelegenheit.

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